Der SPÖ-Klubobmann könnte seinen Platz nur freiwillig räumen.
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Wien. In der SPÖ steht der nächste Abschied nach dem Rückzug von Christian Kern als Bundesparteichef unmittelbar bevor. Bei der ersten regulären Nationalratssitzung im heurigen Herbst wird der Präsident des Gewerkschaftsbundes (ÖGB), Wolfgang Katzian, seinen Sitz im Hohen Haus räumen.
Wimmer übernimmt Katzians Platz im Nationalrat
Das kommt freilich nicht mehr überraschend, sondern stand seit der Übernahme des Präsidentenamtes im ÖGB, der sich trotz roter Dominanz traditionell als überparteilich betrachtet, fest. Sein letzter Auftritt im Hohen Haus wird brisant. Katzian ist am Mittwoch dieser Woche als Hauptredner der SPÖ bei einer Aktuellen Stunde vorgesehen – eine Generalattacke auf Sozial- und Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) auf der Regierungsbank ist garantiert. Seinen Platz im Nationalrat wird der Chef der SPÖ-Gewerkschafter, Rainer Wimmer, übernehmen, der traditionell ein Mandat im Nationalrat innehat. Wimmer, als Vorsitzender der Metallergewerkschaft bei der Lohnrunde gerade im Mittelpunkt, wird im Oktober somit ins Parlament zurückkehren.
Personalrochaden sollen sich am Dienstag entscheiden
Während diese Rochade schon vor der Übernahme des SPÖ-Parteivorsitzes durch die ehemalige Gesundheitsministerin Pamela Rendi-Wagner feststand, wird sich erst nach der Vorstellung der ersten Frau an der Spitze der SPÖ in ihrer Geschichte am Dienstagnachmittag herausstellen, welche personellen Veränderungen ihre Designierung zur Folge haben wird. Als fix gilt, dass Rendi-Wagner von ihrem Mentor Christian Kern auch die Funktion des SPÖ-Klubobmannes und damit nominell die Führung der roten Parlamentsfraktion übernehmen wird. Kern wird auch diesen Platz für Rendi-Wagner räumen. Ende November ist dann die offizielle Wahl Rendi-Wagners zur SPÖ-Bundesparteichefin bei dem um knapp zwei Monate verschobenen Bundesparteitag geplant.
Bleibt Schieder geschäftsführender Klubobmann?
Kern hat am Rande des SPÖ-Parteipräsidiums am Samstag auch klargestellt, dass sich seine designierte Nachfolgerin an der SPÖ-Spitze ihr "Team" für die künftige Parteiarbeit und die Rolle als stärkste Oppositionsfraktion im Hohen Haus zusammenstellen wird. Damit stellt sich im Parlament die Frage, ob Andreas Schieder weiterhin wie unter Kern geschäftsführender Klubobmann der SPÖ-Parlamentsfraktion bleiben wird. Selbst wenn Rendi-Wagner jedoch eine Ablöse von Schieder anstrebt, würde das nicht so ohne weiteres gehen, sollte Schieder dabei nicht mitspielen. Denn formal ist der geschäftsführende Klubobmann für eine ganze Gesetzgebungsperiode gewählt. Auch wenn Rendi-Wagner dies wünschen sollte, ist ein Wechsel nur dann sicher, wenn Schieder "freiwillig" seinen Sessel räumt. Denn eine Abwahl ist nicht vorgesehen.
SPÖ-Klubchef hätte sich intensivere Beratungen gewünscht
Für Schieder spricht vorerst, dass er ein mittlerweile erfahrener Parlamentarier und Fraktionschef ist. Für die größte Oppositionspartei im Nationalrat ist das wichtig, die frischgekürte SPÖ-Parteichefin hat mit der Neuaufstellung ihres Teams in der SPÖ-Zentrale ohnehin mehr als genug zu tun. Allerdings war Schieder neben dem Wiener Bürgermeister und Parteichef Michael Ludwig vor dem SPÖ-Präsidium jener rote Spitzenpolitiker, der öffentlich am deutlichsten machte, dass er mit der Bestellung Rendi-Wagners im Schnellzugtempo keine Freude hat. Er hätte sich längere Beratungen gewünscht.
Vor dem Bundesparteitag am 24. November ist es ausgerechnet Schieder, der für die designierte SPÖ-Parteivorsitzende noch eine zweite, zeitlich befristete Schüsselrolle einnimmt. Der Wiener Schieder ist auch Chef der Antragsprüfungskommission für den roten Parteitag. Bei diesem Gremium liegt bis zu einem gewissen Grad auch die Mitregie für den Bundesparteitag. Schließlich entscheidet die Antragsprüfungskommission, in welcher Form die Anträge den Delegierten zur Abstimmung vorgelegt werden und wie etwaige für die künftige SPÖ-Führung weniger angenehme Anliegen aufs Abstellgleis umgeleitet werden. Die Absage des für ursprünglich für 6./ 7. Oktober fixierten Parteikonvents und die Verlegung auf Ende November führen dazu, dass sich auch die Fristen für die Antragsprüfungskommission verschieben.
Kontinuität bei der Vorbereitung für den Bundesparteitag
Die Vorbereitung des Bundesparteitages werden auch als Hauptargument dafür genannt, dass der unter Kern geholte Steirer Max Lercher vorerst seine Funktion als SPÖ-Bundesgeschäftsführer behalten dürfte. Damit soll angesichts des Chaos durch den Kern-Abgang die Kontinuität in der SPÖ-Zentrale in der Löwelstraße gewahrt werden. Außerdem haben sich mehrere SPÖ-Landesvertreter schon demonstrativ für den Verbleib Lerchers ausgesprochen. Ihm zur Seite gestellt ist in der Bundesgeschäftsführung Andrea Brunner, die aus der roten Frauenorganisation kommt.
Eine fixe Rolle in Rendi-Wagners Team sollen ihre beiden SPÖ-Regierungskollegen während Kerns Kanzlerschaft, Thomas Drozda und Sonja Hammerschmid, haben. Drozda ist ohnehin bereits stellvertretender Klubobmann, Hammerschmid als frühere Bildungsministerin Sprachrohr für ein zentrales Anliegen der SPÖ in der Opposition mit Regierungserfahrung. Ihr Nachteil, beide sind als Vertreter der Akademiker in der SPÖ nicht das, was sich gestandene rote Funktionäre als volksnahe Vertreter einer Arbeiterpartei vorstellen.
Die Wiener SPÖ, die lieber die Zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures, als gestandene Rote mit jahrelanger Erfahrung in der Parteiarbeit als Kern-Nachfolgerin gesehen hätten, trifft schon heute, Montag, neuerlich zusammen. Auch wenn es bei der Sitzung des Wiener Ausschusses offiziell nicht um die Ablöse Kerns durch Rendi-Wagner geht, wird das Treffen von neuen Situation an der SPÖ-Bundesparteispitze überschattet.