Standortsicherung für Österreich. | In den vergangenen Monaten war nicht mehr zu übersehen, dass viele Rechtsstreitigkeiten, die in der Öffentlichkeit Aufmerksamkeit erregen, nicht von staatlichen Gerichten, sondern von privaten Schiedsgerichten entschieden werden. Das gilt für den sattsam bekannten Streit um sechs Klimt Gemälde genau so wie für die Auseinandersetzung rund um die "Kronenzeitung". All das ist aber nicht einmal die Spitze des Eisbergs. Im Bereich der internationalen Wirtschaft ist die private Schiedsgerichtsbarkeit mittlerweile zur Regelform der Streitbeilegung geworden.
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Joint Venture Vereinbarungen und Verträge über Investitionen - auch mit Staaten - sind ohne Schiedsvereinbarung kaum denkbar. Die Summen, über die Schiedsgerichte dabei zu entscheiden haben, liegen oftmals im Bereich von sieben- und achtstelligen Eurobeträgen und damit weit über dem Streitwert der meisten bei staatlichen Gerichten anhängigen Verfahren. Das Funktionieren der privaten Schiedsgerichtsbarkeit wurde so zur unabdingbaren Voraussetzung für die internationale Wirtschaft.
Das geltende Schiedsrecht stammt im Wesentlichen noch aus dem Jahr 1895. Dennoch funktionierte die Regelung sehr gut und Österreich konnte sich - auch im Wettbewerb der Schiedsstandorte- vor allem im Bereich der Ost-West Schiedsgerichtsbarkeit einen Namen machen.
Inzwischen hatte sich aber bereits seit langem abgezeichnet, dass vor allem in der internationalen Handelsschiedsgerichtsbarkeit Bedarf nach einer möglichst einheitlichen Regelung des Schiedsverfahrensrechts besteht. Im Rahmen von UNCITRAL wurde daher schon im Jahre 1985 ein Modellgesetz erstellt. Diese internationale Entwicklung, aber sicherlich auch die zunehmende Komplexität des Schiedsverfahrensrechts und der dadurch entstandene Bedarf nach einer wesentlich genaueren Regelung des Verfahrens hat nun auch in Österreich zu einer umfassenden Novellierung des Schiedsverfahrensrechts geführt.
Unmittelbarer Anstoß für diese Novellierung war ein im Rahmen des Ludwig-Boltzmann-Instituts für Rechtsvorsorge und Urkundenwesen erstellter Expertenentwurf, der - im Wesentlichen unverändert - nun als Regierungsvorlage für ein Schiedsrechtsänderungsgesetz 2006 vorliegt. Dieses Gesetz soll am 1. Juli 2006 in Kraft treten. Die Neuregelung setzt lückenlos den so genannten Grundsatz der Kompetenz-Kompetenz der Schiedsgerichte um, also die Kompetenz der Schiedsgerichte, vorbehaltlich einer Überprüfung durch die staatlichen Gerichte über ihre eigene Zuständigkeit zu entscheiden. Dabei ist es von besonderer Bedeutung, dass in Zukunft auch Unzuständigkeitsentscheidungen eines Schiedsgerichts bekämpfbar sind (§ 611 ZPO). Bisher war die Schiedsfähigkeit von Ansprüchen oft umstritten.
Hier bringt die Neuregelung eine deutliche Verbesserung. Mit Ausnahme von familienrechtlichen Ansprüchen und miet- und wohnrechtlichen Streitigkeiten sind vermögensrechtliche Ansprüche in Zukunft unabhängig von deren Vergleichsfähigkeit grundsätzlich schiedsfähig. Außerdem stellt die Novelle klar, dass Schiedsgerichte auch einstweilige Maßnahmen erlassen dürfen, um drohenden Schäden frühzeitig entgegenzuwirken.
Das neue Gesetz ist für Österreich wichtig: Es bringt uns auf eine Linie mit Ländern wie Deutschland und Irland, in denen das UNCITRAL Modellgesetz umgesetzt ist. Im Wettbewerb der Schiedsstandorte wird es für Österreich leichter, den Ruf als idealer Standort zu wahren.