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Verteidiger Prochaska schießt sich auf Telekom Austria ein.
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Wien. In der Telekom-Affäre um mutmaßliche Kursmanipulationen und Korruption gerät der Kronzeuge und Ex-Telekom-Vorstand Gernot Schieszler ins Kreuzfeuer. Vor allem Telekom-Chef Hannes Ametsreiter spricht von einem "System Schieszler". Ametsreiter will den Kronzeugen auf neun Millionen Euro Schadenersatz klagen.
Schieszlers Anwalt Stefan Prochaska wehrt sich jedoch vehement dagegen, dass das aufgedeckte "Korruptionssystem Telekom" auf ein "System-Schieszler" reduziert werden soll. Schieszler habe kein Papier alleine unterschrieben, in der Telekom herrsche ein Vier-Augen-Prinzip. "Wir haben uns gleich gedacht, dass es nicht lange dauern wird, den Kronzeugen unglaubwürdig zu machen und auf ihn abzuladen", sagt ein Staatsanwalt zur "Wiener Zeitung".
Indes könnte die gesamte Affäre auch strafrechtlich auf das börsennotierte Unternehmen zurückfallen. So könnte das sogenannte Verbandsverantwortlichkeitsgesetz gegen die Telekom Austria Anwendung finden, sollte sich herausstellen, dass Organisationsfehler die mutmaßlichen Malversationen ermöglicht haben. "Das ist nicht abwegig, aber noch Theorie", sagt ein Staatsanwalt.
Schieszler ist seit Juni 2010 als Vorstand der JChristof Holding AG, einem Grazer Anlagenbauer mit 2000 Mitarbeitern und 300 Millionen Euro Umsatz, tätig. "Die Eigentümer der Christof-Gruppe, die Familie Christof, steht hinter Gernot Schieszler, weil er gute Arbeit macht - und sie werden von mir regelmäßig informiert", sagt Prochaska. "Was er vor zehn Jahren gemacht hat, ist für sie nicht relevant. Er hat schwere Fehler gemacht und leider Karriere mit Nibelungentreue verwechselt." Nachsatz: "Wenn sie sein Tagebuch lesen, gewinnen sie den Eindruck, dass er damals nicht wusste, ob er aus Frustration von der Telekom weggehen soll oder nicht." Schieszler habe sich zur Absicherung gegen den Vorstand "Punkte notiert, um sich allenfalls zur Wehr zu setzen".
"Es ist bedauerlich, wie schlecht die Revision der Telekom gearbeitet hat, denn begonnen hat das Ganze, da war Herr Schieszler noch gar nicht Vorstand", sagt Prochaska. Bei der mutmaßlichen Kursmanipulation der Telekom-Aktie habe sich Schieszler "bewährt" - und er wollte Karriere machen.
Gegenwette bei einer Investmentbank?
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Indes behauptet Prochaska auch, dass die Telekom das 9,2 Millionen Euro schwere Aktienoptionsprogramm für 100 Manager, das durch die Kursmanipulation ausgelöst wurde, durch eine "Gegenwette" bei einer Investmentbank abgesichert hatte. Unklar ist, welche Rolle die Investmentbank bei der damaligen "Kursgestaltung" spielte. "Ich kann mich erinnern, dass damals über diese Absicherung gesprochen wurde", sagt Anlegervertreter Wilhelm Rasinger. Sollte diese Gegenwette zum Tragen gekommen sein, stelle sich die Frage, wer nun eigentlich den Schaden habe. Die Telekom Austria war bis zum Redaktionsschluss für keine Stellungnahme zu erreichen.