Mann stach Frau mit Regenschirm ins Auge. Der Stich drang bis ins Gehirngewebe ein. Urteil ist bereits rechtskräftig.
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Wien. Messer und Schusswaffen: Es sind die klassischen Tatwerkzeuge, mit denen sich Gerichte in Mordprozessen zu beschäftigen haben. Am Freitag stand bei einem Prozess am Wiener Straflandesgericht hingegen eine ungewöhnliche Tatwaffe im Mittelpunkt. Angeklagt ist ein 25-jähriger Mann: Er hat - nach dem rechtskräftigen Urteil - am 21. Mai 2017 in Wien seiner Frau mit der Spitze eines Regenschirmes ins Auge gestochen. Vor einem Geschworenengericht hatte er sich wegen des Vorwurfs des versuchten Mordes zu verantworten.
Die Frau überlebte den Stich ohne schwere Dauerfolgen. Das sei ein "Glücksfall", hielt Gerichtsmediziner Christian Reiter fest. Der Stich wurde laut dem Arzt so wuchtig geführt, dass er bis ins Gehirngewebe eindrang und dort ein "Fingernagel-großes Gebiet" beschädigte. "Es hätte eine Gehirnblutung eintreten können, die zum Tod hätte führen können", sagte Reiter.
Der 25-Jährige verantwortete sich nicht schuldig im Sinne der Anklage. Er sprach von einem Unfall. Der Afghane kam im Dezember 2011 nach Österreich. Vor zweieinhalb Jahren lernte er über Facebook seine Frau kennen. Das Paar bekam alsbald ein Kind.
"Es war ein gutes Leben", sagte der Mann. Nur manchmal habe es Diskussionen gegeben. Am Tattag aber habe er mit seiner Frau gestritten und die Wohnung verlassen. Erst spät am Abend sei er nach Hause zurückgekommen. Zuvor habe er mit Freunden Wodka und Bier getrunken. In der Wohnung soll er laut Anklage randaliert und einen Fernseher umgeschmissen haben. Der Angeklagte bestreitet das: Er habe lediglich sein Handy aus Ärger gegen die Wand geschmissen.
Die Frau verließ die Wohnung, der Mann lief ihr nach. Er habe einen Regenschirm mitgenommen, da es an dem Abend geregnet habe, so der Angeklagte. Im Stiegenhaus versetzte er ihr den Stich.
Sie solle zurückkehren, habe er sie gebeten. Mit dem Schirm habe er lediglich in Richtung Wohnung gezeigt. Da es im Stiegenhaus dunkel war und er betrunken gewesen sei, habe er sie dabei unabsichtlich verletzt, so seine Version. Vor der Polizei hatte die Frau behauptet, dass sie von ihrem Mann einmal im Monat verprügelt werde und er mit dem Schirm absichtlich auf sie eingestochen habe.
Das stimme nicht, meinte sie nun vor Gericht. "Ich glaube nicht, dass er mich absichtlich verletzt hat", sagte sie. "Ich habe nicht die Absicht, mich von ihm zu trennen. Derzeit möchte ich aber nicht mit ihm zusammenkommen", sagte sie über ihre Beziehung zu dem Mann.
Die Geschworenen verwarfen die Mordanklage der Staatsanwaltschaft. Sie verurteilten den Mann stattdessen wegen absichtlich schwerer Körperverletzung zu drei Jahren Haft. Das Urteil ist bereits rechtskräftig.