Nächtliche Ruhe ist nicht ausreichend, um Gedächtnisinhalte zu festigen.
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Wien. Aus vielen Studien ist bekannt, dass Schlaf bei Erwachsenen die Festigung von Lerninhalten im Gehirn unterstützt. Aber auch bei Kindergartenkindern scheint dieser Effekt auf die Hirnfunktionen zu bestehen, wie eine aktuelle Studie zeigt.
So können sich Kleinkinder sowohl am Nachmittag als auch am nächsten Tag besser an das am Vormittag Gelernte erinnern, wenn sie mittags etwa eine Stunde lang geschlafen haben, schreibt das Wissenschafterteam um Rebecca Spencer von der University of Massachusetts in Amherst im Fachjournal "Proceedings of the National Academy of Sciences".
"Wir präsentieren erstmals wissenschaftliche Beweise dafür, dass der Mittagsschlaf für Vorschulkinder die akademischen Ziele einer Früherziehung unterstützt", erklärt die Psychologin.
"Memory"-Variante
40 Kinder zwischen drei und sechs Jahren haben die Wissenschafter für ihre Tests herangezogen. Dafür nutzten sie eine Variante des bekannten Spiels "Memory". Die Kinder mussten sich merken, welches Bild an welcher Stelle in einem Gitterfeld platziert war. Für den Mittagsschlaf standen in Folge zwei Stunden zur Verfügung, wobei die durchschnittliche Schlafdauer bei 77 Minuten lag. Anschließend wurde das Spiel wiederholt.
Die Auswertung zwischen der schlafenden und der nicht schlafenden Gruppe ergab einen Unterschied in der Fehlerquote von zehn Prozent. Auch der Schlaf in der folgenden Nacht konnte den Unterschied von 35:25 im Testergebnis nicht beseitigen.
Es scheint nicht ausreichend zu sein, lediglich für eine nächtliche Schlafperiode zu sorgen, um Gedächtnisinhalte zu festigen, schlussfolgern die Forscher.
Um überdies den Charakter des Mittagsschlafes zu untersuchen, zeichneten die Wissenschafter um Spencer mittels EEG (Elektroenzephalographie) die Hirnaktivitäten der Kinder auf. Sie konnten sogenannte Schlafspindeln beobachten - ein typisches Wellenmuster, das bei der Verarbeitung neuer Informationen auftritt. Je stärker die Dichte dieser Spindeln war, umso größer war der positive Effekt auf die Gedächtnisleistung.
Kindergärtnerinnen sollten deshalb dazu angehalten werden, ihren Schützlingen einen Mittagsschlaf zu ermöglichen, und sie dazu auch zu ermutigen. "Um wach und aufmerksam zu sein, benötigen die Kids 11 bis 13 Stunden Schlaf pro Tag. Damit wird ihnen die Chance gegeben, sich zu entspannen und gleichzeitig ihre Kräfte wieder aufzuladen", erklärt Robert Scott-Jupp vom Royal College of Child Health in London. Ohne Mittagsschlaf seien die Kinder müde, grantig, vergesslich und würden um Konzentration ringen. Die Studienautoren sind ebenso der Ansicht, dass gerade Kindern mit Lernproblemen damit geholfen werden könnte.
Ängste überwinden
Der Schlaf kann noch mehr, wie Wissenschafter um Katherina Hauner von der Northwestern University in Chicago nun herausgefunden haben. Sie konfrontierten Menschen während ihrer Nachtruhe mit angstbesetzten Gerüchen. Die Probanden zeigten sich daraufhin nach dem Aufwachen deutlich weniger furchtsam. Den Vorgang vergleicht die Medizinerin mit einer Form der Angsttherapie, bei der man versucht, durch wiederholte Konfrontation mit dem angstbesetzten Objekt die Furcht zu überwinden. Möglicherweise könnte man mit dieser Art von Therapie Phobien wirkungsvoller behandeln, meint Katherina Hauner in "Nature Neuroscience".