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Kenner der Bahnszene behaupten, dass in den oberen Etagen der ÖBB derzeit nicht alles bestens laufe. So gerät der neue Vorstandsdirektor Rüdiger vorm Walde immer mehr unter Druck, denn Minister Mathias Reichhold soll mit den Leistungen und der Informationspolitik der ÖBB nicht immer zufrieden sein. Ebenso unter Beschuss kam der Chef der Planungsabteilung, Thomas Türinger, weil den von seiner Abteilung erstellten Unterlagen nur zweifelhafte Qualität attestiert wurde. "Da wurde die Rechnungshofkritik, die eigentlich das Ministerium trifft, auf die ÖBB abgewälzt", kontert man bei der Bahn.
Diese Rüge ist indes für Türinger doppelt unangenehm, da er sich gerade um den ausgeschriebenen Posten des ÖBB-Infrastrukturvorstandes beworben hat. Ein weiterer Favorit im Rennen um den heiß begehrten Job ist auch der Leiter der ÖBB-Abteilung Technische Services, Alfred Zimmermann, der beim ÖBB-Aufsichtsratsvorsitzenden Franz Rottmeyer höchstes Ansehen genießt. Doch dem Minister will es nicht schmecken, dass die Ausschreibung für den Posten von Rottmeyer überhastet lanciert wurde. Es heißt sogar, Reichhold trage sich mit dem Gedanken, das Ausschreibungsverfahren zu kippen. Der derzeitige Infrastrukturchef Helmut Hainitz wird nämlich erst Ende des Jahres ausscheiden.
Die FPÖ verfolgt vielmehr eine langfristige Strategie: So gilt ihr einstiger Geschäftsführer Gilbert Trattner, der vor knapp einem halben Jahr in den Vorstand der Schieneninfrastrukturfinanzierungsgesellschaft (SCHIG) gewechselt ist, als in Bahnangelegenheiten mittlerweile äußerst bewandert. "Er hat sich bei der SCHIG gut eingelebt und in die Materie eingearbeitet", konstatiert ein Insider. Trattner könnte damit für Höheres berufen sein. Gemunkelt wird, dass er sogar in den ÖBB-Vorstand gehievt werden könnte. Ein solcher Schritt wäre allerdings erklärungsbedürftig, sind doch die Verträge von vorm Walde und und seinem Vorstandskollegen Ferdinand Schmidt erst vor kurzem auf fünf Jahre abgeschlossen worden.
Beim ÖBB-General in Ungnade gefallen ist der einst mächtige Herr über die Bahn-Immobilien, Heinz Redl. Eine übergroße Portion Eigenregie hat Redl die Position gekostet, er wurde kurzerhand kaltgestellt, und die Immobilien der Bundesbahnen sind seither Chefsache und vorm Walde direkt unterstellt.
Mit interner Unruhe sieht sich derzeit auch ÖBB-Kommunikationschef Michael Hlava konfrontiert. Das Gerücht von seiner baldigen Ablöse könnte jedoch aus seinen eigenen Abteilungen stammen. Doch Hlava nimmt die Sache gelassen: "Diese Gerüchte gibt es, seit ich diesen Job habe."
Hartig als Umweltanwalt?
Aber nicht nur beim größten Unternehmen des Verkehrsministeriums kehrt keine Ruhe ein. Im Ministerium selbst ist die Umstrukturierung voll in Gang. Ein Gewinner dieser Reform könnte der derzeitige Ministersekretär Gerhard Sailer werden. Der Ministerialbeamte ist zum Leiter der neu zu schaffenden Abteilung Nahverkehr auserkoren worden.
Weniger günstig läuft die Sache für den Leiter der obersten Eisenbahnbehörde, Karl-Johann Hartig. Die Chancen für den SP-nahen Beamten, nach der Reform noch in adäquater Besetzung spielen zu dürfen, stehen eher schlecht, deshalb hat sich der studierte Chemiker für den Posten des Wiener Umweltanwaltes beworben.
Er ist bereits Top-Favorit von Umweltstadträtin Isabella Kossina. Ihr Engagement für den Bahn-Beamten ist enorm, sie versucht sogar, ihn den anderen Parteien als beste Wahl für den Umweltanwalt schmackhaft zu machen. Ob er das Rennen macht, ist indes trotz solch prominenter Unterstützung ungewiss. Beworben hat sich nämlich auch Andrea Schnattinger, die Juristin des Städtebunds. Sie gilt ebenfalls als Kandidatin mit sehr guten Karten.