ÖVP: "Einigung fix, aber Hundstorfer zurückgepfiffen." | Kanzler will erst Länder einbinden. | ÖVP: "Faymann sucht Kampfthema für den Parteitag." | Wien. Bis spät in die Nacht und wieder ab dem frühen Morgen hatten Sozialminister Rudolf Hundstorfer und ÖVP-Klubobmann Karlheinz Kopf über die Transparenzdatenbank verhandelt - und waren sich zum Schluss so gut wie einig. Trotzdem wackelt die Transparenzdatenbank seit Mittwoch Mittag gehörig - und damit auch die Mindestsicherung, die eigentlich heute, Donnerstag, im Sozialausschuss beschlossen werden sollte. Der Grund: SPÖ-Chef Bundeskanzler Werner Faymann beharrt darauf, dass es zuerst eine entsprechende 15a-Vereinbarung mit den Ländern gibt.
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Inhaltlich hatten sich SPÖ und ÖVP bis zum Vormittag so gut wie geeinigt - wobei die ÖVP den Sozialdemokraten sehr weit entgegenkam. Neben den Sozialleistungen sollten auch sämtliche Agrarförderungen, eventuelle Vorteile durch Gruppenbesteuerung, Stiftungsbesteuerung oder Wirtschaftsförderung sowie Förderungen von Ländern und Gemeinden in der Datenbank aufscheinen. Im Laufe des Vormittags wurden die Verhandlungen aber plötzlich zur Chefsache erklärt. Was war passiert? Aus der ÖVP heißt es: "Kopf und Hundstorfer waren sich handelseins, aber plötzlich wurde Hundstorfer zurückgepfiffen." Schließlich soll der Sozialminister "den Hut draufgehaut" haben und die Verhandlungen Kanzler Faymann überantwortet haben, heißt es aus der ÖVP.
SPÖ: "Wir trauen der Volkspartei nicht"
Das wollte ein Sprecher Hundstorfers nicht bestätigen: "Zurückgepfiffen, das kann man so nicht sagen." Aber die SPÖ beharre auf dem normalen legistischen Prozess. In Fällen, wo die Länder betroffen seien, werde normalerweise erst eine 15a-Vereinbarung unterzeichnet. Daran hänge, ob das Gesetz sinnvoll werde oder nicht, heißt es aus dem Umfeld des Kanzlers.
Die ÖVP will die Datenbank bis 19. Oktober im Nationalrat beschließen. In Kraft treten soll das Gesetz dann am 31. März 2011. Parallel sollen Verhandlungen mit den Ländern laufen.
Den 31. März peilt zwar auch die SPÖ an, allerdings müsste bei ihrem Vorschlag gleichzeitig auch die 15a-Vereinbarung in Kraft treten. "Wir wollen den 15a-Vertrag, weil wir der ÖVP nicht trauen", heißt es aus der SPÖ. Sonst könnte womöglich die Transparenzdatenbank nur den Bund, nicht aber die Länder umfassen, "damit hätten wir das Neidkonto".
Dass die ÖVP die Transparenzdatenbank mit der Mindestsicherung junktimiert, wird in der SPÖ als "Erpressungsversuch" betrachtet. Die ÖVP wechsle politisches Kleingeld auf dem Rücken der Armen.
Die Blockade der Mindestsicherung durch die ÖVP wäre perfekte Munition für die SPÖ - worauf Faymann aus Sicht der ÖVP bewusst abzielt: "Er braucht ein Kampfthema für den SPÖ-Parteitag am Samstag."
Beide Seiten betonten ihre Gesprächsbereitschaft. Bis Redaktionsschluss war es diesbezüglich aber noch zu keinem Treffen der Parteichefs gekommen. Der für Donnerstag geplante Sozialausschuss wurde auf Montag verschoben - vorausgesetzt, man einigt sich bis Freitag. Soll die Mindestsicherung kommende Woche im Nationalrat beschlossen werden, ist eine Einigung bis spätestens Dienstag nötig. Bis dahin wäre auch der SPÖ-Parteitag passé. Möglich ist auch eine Junktimierung mit dem Glücksspielgesetz.