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Schlagabtausch zum Bankgeheimnis

Von WZ-Korrespondent Wolfgang Tucek

Wirtschaft

Steinbrücks neuer Anlauf gegen Liechtenstein. | EU-Recht schützt Österreich, Schweiz und Luxemburg. | G20-Vorbereitung wird Chefsache. | Brüssel. Deja-vu beim Treffen der EU-Finanzminister: Der deutsche Ressortchef Peer Steinbrück wettert gegen das Bankgeheimnis und kritisiert Stiftungen in Liechtenstein. Damals war der Steuerhinterziehungsskandal, diesmal ist ein Betrugsbekämpfungsabkommen mit dem kleinen Fürstentum der Anlass. Österreich und Luxemburg beharren dagegen auf geltendem EU-Recht, welches das Bankgeheimnis wegen der notwendigen Einstimmigkeit mittelfristig einzementiert.


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Den Rahmen für das erneute Aufflammen des Streits bildete das Ringen der EU-Staaten um eine gemeinsame Position für das G20-Treffen am 15. November. Dort sollen Ideen für eine neue Weltfinanzarchitektur besprochen werden.

Liechtenstein muss das neue Abkommen mit der EU als Voraussetzung für seinen Schengen-Beitritt abschließen. Es soll unkomplizierte Amtshilfe in Betrugsfällen erleichtern. Deutschland und einige andere Länder hätten gerne weit reichende Informationspflichten hineingepackt. Denn die Behörden des Fürsten geben nur im Fall von Steuerbetrug Auskunft über Konteninhaber, nicht aber bei Steuerhinterziehung.

Ähnlich halten das auch die Schweiz sowie die EU-Länder Österreich und Luxemburg, sie alle sind dabei von der EU-Zinsbesteuerungsrichtlinie gedeckt. Nur im Falle eines gerichtlichen Strafverfahrens werden Konten geöffnet; Verdachtsmomente von Steuerbehörden reichen nicht. Statt anderen EU-Ländern regelmäßig Informationen über Konteninhaber zu senden, heben Österreich und Luxemburg wie die Schweiz, Liechtenstein und einige andere Nicht-EU-Länder eine Quellensteuer ein. Diese wird abzüglich einer Bearbeitungsgebühr an die Heimatländer der Anleger überwiesen. Doch Steinbrück stört vor allem, dass juristische Personen wie Stiftungen von der EU-Richtlinie nicht erfasst sind. Das Abkommen mit Liechtenstein sei "absolut unzureichend", donnerte er. Bisher blieben Steinbrücks Vorstöße für die Ausweitung der EU-Richtlinie auf Stiftungen und Investmentfonds oder die Implementierung von OECD-Standards praktisch folgenlos.

Österreichs Finanzminister Wilhelm Molterer erklärte, Österreich sei "selbstverständlich bereit", über eine Ausweitung des Geltungsbereichs der EU-Zinsbesteuerungsrichtlinie zu diskutieren. Ähnlich sein Luxemburger Kollege Jean-Claude Juncker: Er freute sich schon vor Monaten "auf viele Jahre faszinierender Diskussionen". Keinesfalls dürfe aber über ein Abkommen mit Liechtenstein geltendes EU-Recht ausgehebelt werden.

"Zu detaillierte Ideen"

Noch nicht ganz einigen konnten sich die Finanzminister unterdessen auf einen gemeinsamen Standpunkt für das G20-Treffen. Molterer nannte die elf Punkte des Strategiepapiers (siehe Kasten), das Frankreich als EU-Vorsitzland präsentierte, immerhin eine "exzellente Grundlage". Steinbrück forderte noch Nachbesserungen. So könnte etwa der Punkt 10 den Eindruck erwecken, es sei eine EU-Wirtschaftsregierung angestrebt, was keinesfalls geschehen dürfe.

Auch die Minister anderer Länder meinten, das französische Papier sei zu detailliert. In einer überarbeiteten Version sollen die EU-Staats- und Regierungschefs bei einem Sondergipfel am Freitag zu einem Konsens finden. Gemeinsame Richtlinien zum Einfangen der miserablen Konjunktur stehen noch nicht auf dem Programm.

Wissen: Frankreichs Ideen für die Finanzmarktreform

1. Mehr Transparenz; keine Institution, kein Markt, kein Hoheitsgebiet soll der Regulierung oder Aufsicht entgehen.

2. Registrierung und Überwachung für Ratingagenturen.

3. Verhaltenskodizes, die übermäßige Risiken vermeiden (Manager-Vergütungen).

4. Verbesserte Bilanzierungsregeln.

5. Eigenkapitalvorschriften überprüfen.

6. Risikomanagement bei Verbriefung von Krediten, Selbstbehalt.

7. Grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Aufsichts- und Regulierungsbehörden.

8. Managementkultur auf nachhaltige Werte orientieren. Risikokontrolle direkt unter Verantwortung der Chefetage.

9. Bessere Kontrolle von Liquiditätsrisiken.

10. Internationale Koordination bei makroökonomischen Fragen.

11. Konkrete Lösungen zur Verbesserung der internationalen Finanzmarktordnung.