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USA setzen Karzai unter Druck. | Anspielung auf Karzais angebliche Drogenprobleme. | Neu Delhi. Washington hat ein neues Feindbild: Afghanistans Präsident Hamid Karzai. Das Weiße Haus ist genervt von den Vorwürfen und Querschüssen aus Kabul und erwidert das Feuer.
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Zehn Tage können in Afghanistan eine lange Zeit sein: Ende März hatte US-Präsident Barack Obama auf seinem Blitz-Besuch in Kabul Karzai persönlich für 12. Mai ins Weiße Haus eingeladen. Doch ob diese Gunst noch gilt, ist inzwischen fraglich. Sprecher Robert Gibbs machte deutlich, man werde Karzais Aussprüche auswerten und danach entscheiden, ob die Einladung aufrecht bleibe.
Karzai hat in wenigen Tagen für eine Menge Ärger gesorgt. Erst erklärte er, der Westen habe die von Massenbetrug überschatteten Präsidentschaftswahlen im August 2009 manipuliert. Gegenüber dem britischen TV-Sender BBC deutete er gar an, Washington stecke hinter dem ganzen Wahlschwindel, der das Land monatelang gelähmt hatte. Dann versicherte Karzai in Kandahar, wo US- und Nato-Soldaten sich für eine neue Großoffensive gegen die radikal-islamischen Taliban rüsten, es werde keine Militäraktion ohne Absprache mit den Stammeschefs geben. Der Nato-Oberkommandierende, General Stanley McChrystal, stand ungerührt daneben und tat, als habe er nichts gehört.
Und schließlich, berichten Journalisten, soll Karzai noch gedroht haben, sich den Taliban anzuschließen, falls der US-Druck weitergehe. Ein Sprecher der Taliban lehnte das angebliche Angebot umgehend ab.
Nun schlägt Washington zurück: Es habe sich nichts gebessert, seit US-Außenministerin Hillary Clinton Karzai am Karfreitag angerufen habe, um die Lage zu entschärfen, bemerkte Gibbs. Und US-Diplomat Peter Galbraith, die frühere Nummer zwei bei der UNO in Afghanistan, unterstellte dem afghanischen Staatschef sogar ein Drogenproblem.
"Manche Insider im Präsidentenpalast sagen, er habe eine gewisse Vorliebe für eines von Afghanistans "profitabelsten Exportprodukten", erklärte er dem US-Sender MSNBC und deutete damit an, Karzai nehme Opium, Heroin oder zumindest Marijuhana.
In Washington hat Karzai bald ein ähnliches Schurken-Image wie sein iranischer Kollege Mahmud Amedinedjad. Doch im Moment ist Karzai immer noch ein Alliierter der USA, die gerade ihre Truppen am Hindukusch stark aufgestockt haben und eine große Militäroperation gegen die Taliban führen.
Nachfolger in Arbeit?
Aller diplomatischer Sachverstand spricht dafür, dass Karzai nach den öffentlichen Demütigungen nicht besser spuren wird als vorher. Ohnehin, so scheint es, kämpft Karzai um sein politisches Überleben und wird daher wohl noch weiter für Aufsehen sorgen.
Anfang Mai tagt in Afghanistan die große Stammesversammlung, die Loya Jirga. Es wird um eine neue Friedensordnung unter Einschluss von Teilen der Taliban gehen. Karzai könnte gekippt werden. Pakistans einflussreicher Geheimdienst ISI soll Gerüchten zufolge bereits an einer neuen Regierung um den Neffen des afghanischen Ex-Königs, Mustafa Zahir Shah, stricken.
Mit seiner Drehtür-Diplomatie versucht Karzai nun, sich mehr politischen Spielraum zu verschaffen. Bevor Obama ihn in Kabul besuchte, stattete er China eine Visite ab. Und als US-Verteidigungsminister Robert Gates Mitte März den Präsidentenpalast in Kabul verließ, wurde sogleich der rote Teppich für Amedinedjad ausgelegt.