Schwager Finis mietete von Alleanza Nazionale verkaufte Wohnung. | Falken in der Regierung für rasche Neuwahlen. | Wien/Rom. Eine 60 Quadratmeter große Altbauwohnung in Monaco beschäftigt derzeit Italiens Innenpolitik und die Gerichte. 1997 hat Anna Maria Colleoni, eine Nachfahrin des bergamsakischen Söldnerführers Bartolomeo Colleoni (1400-1475), ihren Besitz der damaligen Alleanza Nazionale vererbt.
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Vor zwei Jahren hat diese die seinerzeit auf 450 Millionen Lire (rund 230.000 Euro) geschätzte Immobilie um 300.000 Euro an die im Karibik-Steuerparadies Santa Lucia ansässige Gesellschaft Printemps Ltd verkauft, die sie wiederum an Giancarlo Tulliani vermietet hat. Und weil dieser der Bruder der Frau von Italiens Parlamentspräsident Gianfranco Fini ist, sahen zwei Provinzpolitiker Unregelmäßigkeiten und erstatteten Anzeige.
Die im Besitz des Berlusconi-Konzerns stehende Zeitung "Il Giornale" hatte schon am 28. Juli, einen Tag vor dem Bruch zwischen den Parteigründern Fini und Berlusconi, die Story der Monaco-Wohnung seitenfüllend auf Seite eins platziert.
Fini trat am Wochenende die Flucht nach vorne an und betonte in einer acht Punkte fassenden Erklärung, dass er nichts zu verbergen habe. "Man soll ruhig Untersuchungen anstellen. Im Gegensatz zu anderen habe ich nicht die Angewohnheit, gegen die kommunistischen Richter zu schreien", sagte Fini in deutlicher Anspielung auf Berlusconi. Er sei auch nicht darüber informiert gewesen, dass sein Schwager die ins Gerede gekommene Wohnung gemietet habe.
Familien-Interna Finis in der Presse
In der Schlammschlacht gegen Fini, der nicht daran denkt, Berlusconis Forderung nach einem Rücktritt vom Amt des Präsidenten der Abgeordnetenkammer nachzukommen, haben sich die Medien des Berlusconi-Konzerns in den letzten Tagen zunehmend auf Finis Familien-Interna eingeschossen. Der Ex-Mann von Finis Frau Elisabetta Tulliani, Luciano Gaucci, beschuldigt seine frühere Frau, sich einen Millionengewinn in der Lotterie und Immobilien, die er ihr überschrieben hatte, angeeignet zu haben. Gaucci hatte mit seinem Fußballklub AC Perugia betrügerischen Bankrott gemacht und war 2005 in die Dominikanische Republik geflohen, bis seine dreijährige Haftstrafe 2009 durch eine Amnestie aufgehoben wurde. Sein Anwalt hat jetzt seine Vertretung zurückgelegt und wirft ihm vor, er lasse sich von Anwälten aus der Umgebung Berlusconis instrumentalisieren.
Die Falken im Berlusconi-Lager legen es offensichtlich darauf an, möglichst bald Neuwahlen herbeizuführen. Berlusconi selbst hat in einem Telefongespräch mit dem auf Stromboli urlaubenden Staatspräsidenten Giorgio Napolitano betont, er werde weiterregieren, solange er über eine Mehrheit verfüge. Gleichzeitig rief er seine Anhänger zu einer großangelegten Mobilisierung auf.
Zu Knackpunkten für die Auflösung des Parlaments und die Ausschreibung von Neuwahlen könnten im Herbst Vertrauensabstimmungen werden, die die Regierung Berlusconi für umstrittene Justizgesetze, die vorläufig zurückgestellten Abhörgesetze und härtere Maßnahmen gegen Immigranten herbeiführen will. Berlusconis letzter Verbündeter aus alten Tagen, Lega-Nord-Chef Umberto Bossi, kann sich unterdessen ebenfalls mit der Idee von Neuwahlen anfreunden.