Im blau-orangen Scheidungskrieg scheint nun die Zeit der Zurückhaltung endgültig vorbei. FPÖ und BZÖ gehen dabei aufs Ganze, indem sie auf die politische Glaubwürdigkeit des jeweils anderen abzielen. Die Lancierung kompromittierender Spesenabrechnungen der ehemaligen FPÖ-Parteiführung um Jörg Haider und Co. ist der jüngste Höhepunkt des freiheitlichen Scheidungsdramas, an dessen Ende wohl vor allem eines bleibt: Verbrannte Erde beim Wahlvolk.
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Die FPÖ als einstiges Spesenparadies für gehobene Parteifunktionäre: Diesen Eindruck vermittelt die Finanzeinschau im Auftrag des nunmehrigen FPÖ-Obmanns Heinz-Christian Strache, die wohl nicht zufällig den Weg ins aktuelle "profil" gefunden hat. Schließlich liefern sich Strache und Jörg Haider seit der Abspaltung des BZÖ einen erbitterten Krieg über die Aufteilung um Einnahmen und Schulden der ehemaligen 27-Prozent-Partei.
Aus den Daten geht hervor, dass Haider auch nach Rückgabe des Parteivorsitzes im April 2000 ein Spesenrahmen von fünf Millionen Schilling (363.364 Euro) eingeräumt worden war. Haider, politisch groß geworden mit dem Kampf gegen Spesenritter und Abkassierer bei anderen Parteien, gab damit doppelt so viel aus wie die damalige Parteiobfrau Susanne Riess-Passer, die drei Generalsekretäre und der Bundesgeschäftsführer zusammen. Die Strecke von Klagenfurt nach Wien legte Haider demnach meist mit einem Privatflugzeug zurück. Auch zahlreiche Hubschrauberdienst-Rechnungen finden sich in den Unterlagen.
Haiders langjähriger Vertrauter und Geschäftsführer der Werbeagentur mediaConnection, Gernot Rumpold, bezog eine jährliche Pauschale von neun Millionen Schilling (654.056 Euro), der von Haider geholte EU-Abgeordnete Peter Sichrovsky verbrauchte innerhalb von drei Jahren mehr als sieben Millionen Schilling (508.710 Euro) an Spesengeldern.
Rumpold selbst bestätigte am Montag zwar die Korrektheit der genannten Zahlen, weist jedoch jeden Verdacht auf persönliche Bereicherung zurück: Alle Gelder seien für Öffentlichkeitsarbeit und Aufwendungen für die Partei verwendet worden, erklärte Rumpold. Die Höhe der Summen erkläre sich aus den damaligen Wahlkampfaktivitäten Haiders. Rumpold: Wenn normale Spesen und Wahlkampagnen als Skandal dargestellt werden, "dann verstehe ich die Welt nicht mehr". Auch Haider selbst wehrte sich: Er habe niemals ein persönliches Spesenkonto zur Verfügung gehabt. Während der Kärntner Landeshauptmann von einer "Riesensauerei" sprach, droht Haider für Wiens FP-Landesparteisekretär Harald Vilimsky im Spesensumpf zu versinken.
Mit kaum verhüllter Schadenfreude verfolgt die Opposition den blau-orangen Scheidungskrieg. Während der Grün-Mandatar Werner Kogler eine Offenlegung der freiheitlichen Parteifinanzen fordert, attestiert SPÖ-Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos dem BZÖ und der gesamten Regierung eine "unwürdige Performance".