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Laxe Kontrollen von Förderungen kosten jährlich eine Milliarde Euro.
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Wien. Rund 18 Milliarden Euro - so viel gibt Österreich pro Jahr für Förderungen an öffentliche und private Unternehmen aus. Experten sehen hier viel Potenzial für Einsparungen. Dazu muss aber nicht nur der Sparstift gezückt werden. Alleine eine Verbesserung des Systems würde große Einsparungen bringen, sagt etwa Wifo-Experte Hans Pitlik.
Das österreichische Fördersystem ist intransparent, unübersichtlich, nicht effizient genug und zu wenig ziel- und wirkungsorientiert - so das Fazit eines Pressegesprächs von Wifo und dem Zentrum für Verwaltungsforschung (KDZ) am Freitag in Wien. "Es gibt keine Gesamtstrategie, und Schwerpunkte sind auch nicht zu erkennen", sagt KDZ-Geschäftsführer Peter Biwald.
Um das System sparsamer zu machen, könnte etwa ein Einsparbedarf politisch festgelegt werden. Weil aber die Subventionsvergabe oft eher einer politischen als einer ökonomischen Logik folgt, sind die Einsparungserwartungen hier eher begrenzt. 500 Millionen Euro hat Wifo-Experte Pitlik gegenüber der "Wiener Zeitung" vor wenigen Tagen als politisch realistisch bezeichnet. Wesentlich mehr wäre bei einer mittelfristigen Änderung der Fördermechanismen zu holen, ist der Wirtschaftsforscher sicher.
Die EU straft, in Österreich wird ein Auge zugedrückt
Alleine durch die richtlinienkonforme Abwicklung der Förderungen würde sich Österreich eine Milliarde Euro pro Jahr ersparen, sagt Wirtschaftswissenschafter Ulrich Stacher, langjähriger Vertreter Österreichs bei der OECD. "Wir leisten es uns, eine Milliarde einfach durch Schlamperei zu verlieren." Während nämlich bei europäischen Förderungen die Einhaltung der Richtlinien von der EU streng geprüft werde - was nicht selten zu einer Sperre der Fördermittel führt -, werde in Österreich gerne mal ein Auge zugedrückt. So müssen bei Nichterfüllung bestimmter Kriterien EU-Förderungen erstattet werden, was bei nationalen oder lokalen Förderungen viel lockerer gehandhabt wird. Zwar gebe es die entsprechenden Regelungen, die Kontrollinstanzen der Länder etwa seien aber zu schwach, um dem politischen Einfluss zu widerstehen, sagt Stacher.
Auch der Public-Governance-Forscher Helfried Bauer kritisiert, dass "bewusst zu wenig evaluiert" und kontrolliert wird. Dabei gäbe es ja die nötigen Instanzen: "Jeder Gemeinderat hat einen Kontrollausschuss", sagt Bauer, aber er sieht ein "Kulturproblem: Die Leute kümmern sich zu wenig darum, was mit dem Geld passiert."
Für Werner Hölzl vom KDZ ist das "eine Frage des politischen Willens". Im Bereich der Forschungsförderung etwa habe sich in den letzten zehn Jahren durchaus eine Evaluierungskultur entwickelt. Er sieht aber auch praktische Grenzen der Kontrolle: So dürfe die Evaluierung letztlich nicht teurer werden als die Förderung selbst.
Mitnahmeeffekte verschlingen Unsummen
Gerade auf lokaler Ebene sind Förderungen ein beliebtes politisches Gestaltungsinstrument - und verfehlen allzu oft ihr eigentliches Ziel. So kritisiert Helfried Bauer, dass sogar Bundesländer Konjunkturförderprogramme aufsetzen würden, von denen jedoch in einem globalisierten Wirtschaftssystem praktisch jeder außer die eigene Wirtschaft profitieren würde. Hier müssten die Zielsetzungen präzisiert und "in supranationale Strategien eingeklinkt" werden, sagt Bauer.
Einig waren sich die Experten darin, dass die Förderungspolitik stärker an Effizienz und Wirkung gemessen werden müssen. Dadurch könnten auch Mitnahmeeffekte gemindert werden. Beim Blum-Bonus etwa, der Förderung für neue Lehrstellen, betrug der Mitnahmeeffekt laut einer Studie der AK Niederösterreich rund 70 Prozent. Das bedeutet, 70 Prozent der geförderten Lehrstellen wären auch ohne Förderung geschaffen worden. Beim staatlichen Sanierungscheck, für den 100 Millionen Euro an Förderungen für energetische Verbesserungen bei Gebäuden bereitgestellt wurden, betrug der Mitnahmeeffekt sogar 90 Prozent.
Geht es nach den Experten, sollen auch Doppelgleisigkeiten und Parallelförderungen bald der Vergangenheit angehören. Dazu dient die im Aufbau befindliche Transparenzdatenbank - Lieblingsprojekt des seinerzeitigen Finanzministers Josef Pröll. Doch die Arbeit geht nur schleppend voran, weil sich vor allem die Länder gegen Eingriffe in ihre Förderhoheit wehren und sich seit Prölls Abgang in der Bundespolitik niemand mehr wirklich darum kümmert.