Zum Hauptinhalt springen

Schlecht gefüllte Pensionskonten von Frauen

Von Martina Madner

Politik
Frauenpensionen sind ein Spiegel der Arbeit davor. Sie bleiben auch künftig geringer als jene von Männern, wenn Fraueneinkommen nicht steigen.
© getty images / Petra Urbath

Seit der Pensionsreform 2005 wirken sich typisch weibliche Erwerbskarrieren noch negativer auf die Pension aus.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 3 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Das Pensionssystem seit der ÖVP-FPÖ-Reform von 2005 spiegelt "beinhart die Erwerbskarriere der Menschen wieder", stellt der Ende Dezember 2021 zurückgetretene Vorsitzende der Alterssicherungskommission, Walter Pöltner, fest. Als damals zuständiger Sektionschef im Sozialministerium sagt er noch heute, dass sich die Parteien der sozialen Auswirkungen des Pensionskontos bewusst gewesen seien, "ohne sie zu berücksichtigen". Abgefedert wurde an anderer Stelle: mit Pensionsbeiträgen während Kindererziehungszeiten, Arbeitslosigkeit und Notstandshilfe, auf Antrag auch der Pflege älterer Angehöriger oder Kinder mit Behinderung sowie der Möglichkeit für Eltern, Pensionsbeiträge des besser verdienenden Elternteils zu splitten.

Statt der 15 besten zählen alle Beitragsjahre

Quer über alle Alterspensionen erhalten Frauen sowieso nur die halbe Männerpension. Bei Neuantritten erhielten Frauen 2020 nach unselbständiger Arbeit 1.319 Euro brutto, Männer 2.201 Euro Pension. Die Rechnung des Finanzjournalismus-Forums auf Basis der Pensionskonto-Stände des Sozialministeriums zeigt, dass Frauen auch künftig das Nachsehen haben: Im Alter zwischen 55 und 59 Jahren haben Frauen im Durchschnitt Gutschriften auf ihren Konten angesammelt, die 14 mal 992 Euro Monatspension bringen; Männern aber 1.419 Euro. Der Unterschied beträgt 30 Prozent, sofern keine Beiträge mehr dazu kommen. Der Gender Pension Gap ist "mehr als doppelt so groß wie der Gender Pay Gap", sagt Klaudia Frieben, Gewerkschafterin und Vorsitzende des Österreichischen Frauenrings: "Das System nimmt auf die Erwerbsbiografien von Frauen viel zu wenig Rücksicht."

Seit der 2005 in Kraft getretenen Pensionsreform wird jedem Erwerbstätigen in Österreich 1,78 Prozent des Einkommens auf ein persönliches Pensionskonto gutgeschrieben. Für ein Jahr Berufstätigkeit steigt die künftige monatliche Alterspension im Jahr 2022 zwischen 8,65 Euro (bei der Mindestbeitragsgrundlage monatlich von 485,85 Euro) und 100,93 Euro (1,78 Prozent der Höchstbeitragsgrundlage von 5.670 Euro).

Weil mit der Reform nicht mehr die besten 15 Jahre mit Erwerbstätigkeit, sondern alle - auch jene mit geringem Teilzeit-Einkommen, in jungen Jahren und während einer Ausbildung - zählen, haben Frauen mit nicht kontinuierlich steigendem Erwerbseinkommen das Nachsehen.

Besserverdienende Frauen haben im Vergleich zu früher das größte Nachsehen: Denn ihr Einkommen steigt im Durchschnitt im Lauf des Erwerbslebens stärker. Der Unterschied zwischen guten und schlechten Jahren ist also größer. Aber auch Frauen mit Durchschnittseinkommen verlieren durch die Pensionsreform mehr als 100 Euro ihrer Monatsnettopension, die "Wiener Zeitung" berichtete. Nach mehr als 15 Jahren in 20-stündiger Teilzeit verlieren Frauen nur wegen der Reform sogar 178 Euro ihrer monatlichen Pension.

Auch lange Kinderkarenzzeiten machen sich laut Pöltner bei angestellten Frauen besonders bemerkbar. "Eine Arbeiterin mit einem Kind erreicht in etwa die gleiche Pension wie eine Frau ohne Kind. Eine Angestellte, die keine Kinder hat, erhält später deutlich mehr Pension als eine mit zwei, drei Kindern." Und das, obwohl vier Jahre Kindererziehungszeiten die Pension später um rund 124 Euro erhöhen. "Stellt sich die Frage, ob vier Jahre pro Kind reichen?", fragt sich Pensionsexperte Pöltner. Das Pensionssplitting, so wie von ÖVP und Grünen geplant, zu automatisieren, hält er für schwer umsetzbar. Denn dabei würden Beiträge des meist besserverdienenden Vaters automatisiert - und nicht mehr freiwillig - der schlechterverdienenden Mutter gutgeschrieben. "Wenn ich jemandem etwas durchs Gesetz wegnehme, ist das eine Enteignung", sagt Pöltner.

Frauenerwerbsarbeit besser bezahlen

Frieben ist vom Pensionssplitting zum Aufbessern von Frauenpensionen ohnehin nicht überzeugt: "Das ist kein Mittel gegen Altersarmut." Vom Pensionssplitting profitieren Eltern mit größeren Einkommensunterschieden mehr als mit kleinen, die "Wiener Zeitung" berichtete.

Besser wirken laut Frieben höhere Fraueneinkommen vor der Pension: eine Neuverteilung der unbezahlten Arbeit zwischen Frauen und Männern sowie bessere Kinderbetreuung, damit Frauen mit mehr Arbeitsstunden ihr Einkommen erhöhen können. Die Frauenring-Vorsitzende schlägt auch eine bessere Bewertung professioneller Sorgearbeit wie etwa der Pflege vor. Bis dahin rät Pöltner pflegenden Angehörigen zur Selbstversicherung: Der Staat trägt die Kosten für Pensionsbeiträge während einer Pflege ab Stufe drei und höher.