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Schlechte Stimmung trotz guter Märkte

Von Dieter Aigner

Gastkommentare
Dieter Aigner ist Geschäftsführer der Raiffeisen Kapitalanlage-Gesellschaft m.b.H.
© Raiffeisen KAG

Es gibt Argumente für eine gute Entwicklung in den nächsten Wochen und Monaten.


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Die meisten westlichen Aktienmärkte liegen seit Jahresbeginn satt zweistellig im Plus. Der japanische Nikkei nähert sich der Marke von 25 Prozent, und der S&P 500 hat in den vergangenen Tagen neue Jahreshochs erreicht und damit den Aufwärtstrend bestätigt. Trotzdem ist die Stimmung unter den Anlegern ziemlich schlecht. Umfragen zeigen, dass viele Fondsmanager eine vorsichtige Strategie wählen. Informationen aus den Derivatemärkten zeigen uns, dass die Marktteilnehmer mehrheitlich auf sinkende Kurse setzen. Und viele Marktstrategen großer Häuser raten ihren Kunden zu einer Reduktion der Aktienquote.

Diese Stimmung - oder das Sentiment - ist ein Einflussfaktor für die kurzfristige Einschätzung der Aktienmärkte. Dabei gilt: Je besser die Stimmung, desto wahrscheinlicher ist eine Korrektur. Je schlechter die Stimmung, desto eher sollte man kaufen. Es handelt sich also um einen Kontraindikator. Das sind Informationen, die man mit umgekehrten Vorzeichen lesen muss.

Insofern bestärkt uns das aktuell negative Sentiment in unserer positiven Einschätzung für die Aktienmärkte und in der davon abgeleiteten Übergewichtung von Aktien in den gemischten Fonds. Es gibt allerdings noch weitere Argumente für eine gute Marktentwicklung in den nächsten Wochen und Monaten. Die Inflation hat zu fallen begonnen und wird weiter zurückgehen. Die Notenbanken können daher in absehbarer Zeit auf weitere Zinsanhebungen verzichten. Die Ertragslage der Unternehmen ist weiterhin gut, auch wenn aktuell die Wachstumsdynamik fehlt. Und schließlich hält sich auch die Wirtschaft trotz des Gegenwindes höherer Zinsen gut, auch wenn es in Teilbereichen schon Rückgänge gibt.

Insgesamt spricht vieles nicht nur für Aktien, sondern auch für Anleihen. Hier war die Entwicklung seit Jahresbeginn jedoch eher verhalten. Das wird sich allerdings mit großer Wahrscheinlichkeit ändern. Sie sollten in der zweiten Jahreshälfte wesentlich besser performen als in der ersten. Die Renditen von Staatsanleihen tendierten zuletzt weiterhin seitwärts. Risikoprämien von Euro-Staatsanleihen (Italien, Spanien etc.) taten dies ebenfalls. In Summe rechnen wir kurzfristig mit einer Risk-off-Phase an den Credit-Märkten, wovon Staatsanleihen relativ profitieren sollten. An den Credit-Märkten sind die Risikoprämien bei Euro-Investmentgrade-Anleihen im Mai moderat gestiegen, während Euro-High-Yield-Spreads nahezu unverändert blieben. Die zunehmend restriktivere Kreditvergabe, schwache Einkaufsmanagerindizes und entsprechend zurückhaltende Investitionspläne des Unternehmenssektors deuten auf eine Abkühlung der wirtschaftlichen Dynamik und eine höhere Risikoaversion an den Finanzmärkten hin. Vor allem in der Eurozone überraschten Konjunkturdaten im Mai stark negativ.

Die internationalen Aktienmärkte präsentierten sich zuletzt sehr fest. Im Bereich der Konjunkturvorlaufindikatoren sehen wir weiterhin ein zweigeteiltes Bild: Schwäche im verarbeitenden Sektor bei gleichzeitig sehr guter Aktivität im Dienstleistungsbereich. Trotz der freundlichen Kapitalmarktstimmung dürfte die Positionierung der Investoren unverändert vorsichtig sein.