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Schlechtes Zeugnis für heimische Genderpolitik

Von WZ-Korrespondent Wolfgang Tucek

Europaarchiv

Österreich an vorletzter Stelle. | Spidla: "Potenzial der Frauen nutzen." | Bessere Ausbildung, weniger Geld. | Brüssel. Die Einkommensschere zwischen Mann und Frau öffnet sich rasant weiter, wie der am Dienstag von der EU-Kommission vorgelegte Gleichstellungsbericht belegt. In Österreich ist der Einkommensunterschied wie schon im Vorjahr der zweithöchste in der EU hinter Estland. Er hat sich aber im Vergleich zur Vorjahreserhebung noch um gut fünf Prozentpunkte erhöht.


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Tatsächlich sei Österreich "sehr schlecht dran", sagte Sozialkommissar Vladimir Spidla. Es gebe "keine wirklichen Fortschritte." Und der hohe Anteil von Teilzeitarbeit von Frauen von 41,2 Prozent reiche als Erklärung nicht aus. So stehen in den Niederlanden 75 Prozent der Frauen in einem Teilzeitarbeitsverhältnis, die Einkommensschere ist dennoch kleiner. "Das Problem liegt tiefer im Konzept der österreichischen Gesellschaft", so Spidla.

Dabei seien immerhin 60 Prozent der Universitätsabsolventinnen Frauen und zunehmend besser qualifiziert als Männer - in jedem EU-Land ist der Prozentsatz der Schulabschlüsse auf Maturaniveau bei den Frauen höher. Daraus müssten Unternehmer die Konsequenzen ziehen, "wenn sie nicht Idioten sind", mahnte der tschechische Kommissar. Denn wo Frauen bereits am Ruder sind, hätten sich klare Vorteile ergeben: So hätten sich Banken, bei denen mehr Frauen in Entscheidungspositionen sind, laut einer französischen Studie in der Krise weit besser geschlagen. Nach einer finnischen Studie über 15.000 Unternehmen seien Klein- und Mittelbetriebe mit Frauen an der Spitze "um zehn Prozent effizienter".

Spidla räumte zwar ein, dass direkte Diskriminierung wegen der fortschreitenden Gesetzeslage in den Mitgliedsstaaten nachgelassen habe - also der Einkommensunterschied in identischen Jobs. Doch immer noch würden so genannte typische Frauenberufe grundsätzlich schlechter bezahlt, die lukrativeren Spitzenposten blieben zu mehr als drei Viertel von Männern dominiert. Auch diese indirekte Diskriminierung müsse aufhören. Auch vor neuen gesetzlichen Schritten auf EU-Ebene werde er nicht zurückschrecken, warnte der Sozialkommissar.