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Werden die steuerfreien Reisediäten durch juristische Tricks immer mehr eingeengt? Hat das "schleichende Ende der Tagesgelder" bereits eingesetzt? Verena Hörtnagl, Steuerexpertin an der Uni Innsbruck hat in der jüngsten Ausgabe von "Recht der Wirtschaft" eine Analyse veröffentlicht, die alarmiert. Eine reisefeindliche Rechtsprechung erzeugt Konfusion und Rechtsunsicherheit. Eine Orientierungshilfe tut Not.
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Mit dem Begriff Reise ist es für die Finanz nicht getan. Sie unterscheidet die betriebliche Reise (die also unmittelbar durch den Betrieb verursacht wird), die berufliche Reise (die andere als betriebliche Gründe hat, der aber jedenfalls auch eine berufliche Verursachung zugrunde liegt) und die Dienstreise (die auch eine betriebliche Reise ist, aber durch Dienstnehmer des Betriebs ausgeführt wird).
Pauschale Diäten
Zur Erleichterung der Reisekostenabrechnungen, die schließlich beim Finanzamt als Betriebsausgaben, Werbungskosten - oder bei Dienstreisen als steuerfreie Kostenersätze - Anerkennung finden sollen, gibt es pauschalierte Tagesgelder und für die Nächtigung auf der Reise pauschalierte Nächtigungsgelder. In Österreich beläuft sich der Tagsatz derzeit auf 26,40 Euro, wobei höhere (tatsächliche) Ausgaben, auch wenn sie nachgewiesen werden können, nicht anerkannt werden. Der Nächtigungssatz ist mit 15 Euro deswegen so kümmerlich, weil man hier stattdessen die höheren (tatsächlichen) Unterkunftsausgaben (samt Frühstück) geltend machen kann.
Für Auslandsreisen gelten ähnliche Sätze, die man länderweise in den Steuertabellen abgedruckt findet.
Harte 5-Tage-Klausel
Betriebliche und berufliche Reisen werden steuerlich gleichbehandelt. Sie müssen zwischen Betrieb (Wohnort) und Zielort mindestens 25 Kilometer überbrücken und mindestens drei Stunden Ausbleibezeit verursachen.
Schließlich darf am Zielort kein "neuer" "Mittelpunkt der Tätigkeit" entstehen, was jedenfalls dann der Fall ist, wenn man dort länger als fünf Tage verweilt. Nach diesen fünf Tagen - so meint jedenfalls die Finanz - kennt man nämlich am Zielort ohnehin alle billigen Beisel, so dass gegenüber zuhause kein Mehraufwand für preisgünstige Mahlzeiten entsteht. Ab dem sechsten Tag gibt's also kein steuergünstiges Taggeld mehr. (Für Reisende, die in kürzeren oder längeren Zeiträumen den gleichen Zielort neuerlich anfahren, gibt's übrigens sophistische Abwandlungen der Fünf-Tage-Klausel).
Privileg der Dienstnehmer
Die Dienstreise ist das Liebkind aller Dienstnehmer, denn da darf der Chef die lohnsteuerfreien Taggelder schon dann gewähren, wenn der Mitarbeiter auftragsgemäß über die Strasse geht und drüben ein Röhrl gradbiegt. Die Mindestzeit von drei Stunden wird er dazu schon brauchen. Eine Dienstreise liegt aber auch dann vor, wenn der Zielort so weit weg von der Firma liegt, dass es unzumutbar ist, täglich zurückzureisen; die Finanz nimmt das ab einer Entfernung von 120 Kilometer jedenfalls an.
Den Dienstnehmern gebührt aber noch ein weiteres Zuckerl. Wenn ihr Dienstreisebegriff im jeweiligen Kollektivvertrag, in einer Betriebsvereinbarung oder in einer sonstigen "lohngestaltenden Vorschrift" verankert ist, dann gilt die alle anderen Reisenden nervende 5-Tage-Klausel nicht; diese Dienstnehmer können so lange am Zielort verbleiben, als sie eben müssen - ohne dass sie ein einziges steuerfreies Taggeld verlieren.
Also alles in Ordnung mit den steuerbegünstigten Reisediäten? Durchaus nicht. Höchstgerichte und die Unabhängigen Finanzgerichtsenate (UFS, die 2. Berufungsinstanz in Steuersachen) haben begonnen, vor allem an den Tagesgeldern herumzubosseln.
Mal abgesehen von der "Fünf-Tage-Klausel", die auch auf eine VwGH-Judikatur zurückgeht, fand der selbe Gerichtshof, dass auch bei Verrechnung der pauschalen Diätensätze die tatsächlichen Reisekosten im einzelnen nachzuweisen wären. Wozu dann Pauschalierung? Die Finanz schaltete schnell und veranlasste eine Klarstellung im Gesetz. Also kein Einzelnachweis.
Taggeld mit Nächtigung?
Ein anderer Richterspruch: Taggelder gibt's nur, wenn mit der Reise auch eine Nächtigung verbunden ist. Im Klartext: Wer nur einen Tag betrieblich oder beruflich reist, kann sich ja sein Reisfleisch-Reindl und den Tee-im-Thermos von zuhause mitnehmen, hat solcherart keinen Essensmehraufwand und auch keinen Anspruch auf steuerfreies Taggeld. Hierzu hat sich die Finanz bisher noch nicht geäußert, so dass diese Rechtsprechung einstweilen wohl zu beachten ist.
Die Taggeld-Nächtigung-Kombination kommt bei Dienstnehmern normalerweise nicht in Frage. Sie kann wirksam werden, wenn der Dienstnehmer die steuerfreien Taggelder nicht regelmäßig (oder nicht in voller Höhe) ausbezahlt bekommt und die Pauschalbeträge beim Finanzamt als Werbungskosten geltend macht. Dort erlebt er Unangenehmes: Wenn er die Verbindung der Taggelder mit Nächtigungen nicht nachweisen kann, lehnt die Finanz die Anerkennung ab.