Trotz Aktionen im Vorjahr Umsatzplus bei Fleisch. | Preiskampf zwingt Bauern zum Aufgeben. | Wien. 3,99 Euro für ein Kilo Schnitzel oder 1,99 Euro für ein Kilo Schweinsschlögel - die Lebensmittelhändler haben im Vorjahr deutlich mehr Frischeprodukte verbilligt verkauft, wie die Marktanalyse der Agrarmarkt Austria (AMA) Roll AMA zeigt. Aktionsware Nummer eins war Fleisch und Geflügel, von der von September bis Dezember 2009 40 Prozent verbilligt verkauft wurden. Im Vergleichszeitraum 2008 waren es noch 34 Prozent.
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"Fleisch-Aktionen sind ein Frequenzbringer für die Handelsketten und locken auch Gastronomieeinkäufer an", sagte Stephan Mikinovic, Geschäftsführer von AMA Marketing, bei der Präsentation der RollAMA-Zahlen. Die verkaufte Fleischmenge legte 2009 auf 121.000 Tonnen zu, der Wert stieg auf 764 Millionen Euro - ein Plus von je rund drei Prozent.
Fleisch billiger als 1980
Mikinovic führt die "extreme" Aktionspolitik auf die hohe Marktkonzentration im heimischen Handel zurück. "Die großen Handelsketten wollen sich über Aktionen gegenseitig Marktanteile wegnehmen", sagt Michaela Schantl, Leiterin der AMA-Marktforschung. Sinnvoll seien aber nur "intelligente" Aktionen, keine Schleuderpreise.
Herbe Kritik kommt von der Landwirtschaftskammer. "Wenn Fleisch um 50 Prozent billiger verkauft wird, können die Ketten dabei nicht seriös kalkulieren", sagt August Astl, Generalsekretär der Landwirtschaftskammer Österreich, zur "Wiener Zeitung". "Die Handelsketten werben seit Wochen nur mehr mit dem Preis, wo bleibt da die Qualität?", kritisiert Astl.
Aktions-Schweine- und Rindfleisch war zum Jahreswechsel laut Kammer auch nominell deutlich billiger als 1980. Den Bauern kostet die Produktion allerdings deutlich mehr als vor 30 Jahren, betont Leo Steinbichler von der Interessenvereinigung IG-Fleisch. Die Schleuderpreise machen ein Überleben schwer: Derzeit bekommen Bauern 1,20 Euro pro Kilo Schweinefleisch. Um fair produzieren zu können, bräuchten sie 2,50 Euro, so Steinbichler. Auch Fachhändler leiden unter dem Preiskampf: "Die Fleischer sind fast zur Gänze vom Markt verschwunden", sagt Astl. Die Kammer führt Gespräche mit den einzelnen Händlern, um sie von Qualität statt Aktionen zu überzeugen. Offenbar beschuldigen diese aber jeweils die Mitbewerber, den Preiskampf begonnen zu haben.
Diskonter entdecken Bio
Die Österreicher haben 2009 indes nicht bei Frischeprodukten gespart: Der Umsatz in Frischemärkten (außer Brot) sank nur leicht um 0,7 Prozent auf 5,3 Milliarden Euro.
Zwar blieb der Bioanteil im Jahresvergleich konstant bei sechs Prozent der Menge. Von September bis Dezember haben Bioprodukte allerdings in allen Bereichen deutlich zugelegt. Verantwortlich sind für das Plus laut Schantl die Diskonter, die ihr Bio-Sortiment erweitert haben. Die Diskonter steigerten ihren Bio-Umsatzanteil zwischen 2008 und 2009 von 21 auf 25,5 Prozent. Zudem wurden Biowaren billiger.