Den seit Wochen andauernden und vor allem aus Kärnten betriebenen Spekulationen über einen Umbau des FP-Regierungsteams folgten gestern schließlich doch noch Taten. Mit der Ablöse Herbert Haupts als Vizekanzler durch Infrastrukturminister Hubert Gorbach und der Installierung von Staatssekretärin Ursula Haubner als geschäftsführende Parteiobfrau hat Kärntens Landeshauptmann Jörg Haider demonstriert, dass er nach wie vor die Fäden in Händen hält.
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Die Eiltmeldung der APA erreichte die Journalisten gestern kurz nach 10 Uhr mitten während einer Pressekonferenz der beiden Klubobleute von ÖVP und FPÖ, Wilhelm Molterer und Herbert Scheibner, im Parlament: "Vor Regierungsumbildung? Kanzler und Vizekanzler bei Klestil" heißt es da. Ja, es werde zu einem Wechsel im Amt des Vizekanzlers kommen, bestätigt Scheibner. Namen und Details zu verkünden, sei jedoch das Vorrecht des Betroffenen selbst.
Wer das jedoch offenbar anders sah, war der Kärntner Landeshauptmann. Exakt 21 Minuten später verkündete er von Klagenfurt aus die Details der Personalrochaden innerhalb der freiheitlichen Partei.
Haupt selbst trat erst um 15 Uhr gemeinsam mit Gorbach und Haubner vor die versammelte Medienlandschaft im Palais Dietrichstein, dem traditionellen Sitz des Vizekanzlers, um das zu bestätigen, was Haider schon Stunden zuvor verkündet hatte.
Die Entscheidung für Gorbach sei "leicht" gefallen, lobte Haupt die Leistungen des Infrastrukturministers und langjährigen Vorarlberger Landesrates. Forschung und Technologie würden die Zukunft des Landes bestimmen. Deshalb sei es auch wichtig, dass der Zukunftsminister in der Regierung auch der Zukunftsminister für die freiheitliche Regierungsmannschaft sei. Er selbst werde sich 24 Stunden pro Tag auf seine Aufgabe als Sozialminister konzentrieren, stünden doch wichtige Themen wie Pensionsharmonisierung und Gesundheitsreform an.
Die Berufung Haubners, der Schwester Haiders, zur geschäftsführenden Parteiobfrau begründete Haupt mit innerparteilichen Überlegungen. Sie sei am besten geeignet, die FPÖ wieder "zu einer einheitlichen geschlossenen Gesinnungsgemeinschaft zu machen". Haubner bleibt weiterhin Staatssekretärin im Sozialministerium.
Gorbach, der heute um 12 Uhr als Vizekanzler von Bundespräsident Klestil angelobt wird, dankte Haupt, der die Partei in einer schwierigen Phase übernommen habe. Keinen Zweifel ließ er dann daran, dass diese Phase nur dann überwunden werden könne, wenn "alle - und ich meine wirklich alle - an einem Strang ziehen. Alle müssen erkennen: So kann es mit der Freiheitlichen Partei nicht weiter gehen." Die FPÖ brauche weniger Einzelkämpfer und mehr Teamkämpfer. Nun gelte es, das Beste aus der Situation zu machen. Ziel der Rochaden sei eine "bessere Verteilung der Lasten, die bisher auf den Schultern Haupts lasteten". Dieser bleibe weiterhin die Nummer Eins in der Partei, sich selbst sieht er dabei als "primus inter pares im FP-Regierungsteam".
Klar stellte der Vizekanzler in spe auch gleich, dass er nicht gedenkt, einen Fehler Haupts zu wiederholen: Er werde den Kärntner Landeshauptmann künftig "sehr stark einbinden", erklärte Gorbach und nannte dafür als erstes die bevorstehende Steuerreform: Haider wird hier als Chefverhandler auf Seiten der FPÖ agieren. Über die Erfolgsaussichten des neu formierten Führungsteams zeigte sich Gorbach zuversichtlich. Und: "Ich bin sicher, dass wir einen Neustart schaffen können."
Zum Abschluss bewies Haupt noch einmal Sinn für Selbstironie: Mit Blick auf seine sinngemäß mitunter nur schwer zu verstehenden Satzungetüme beim Pressefoyer nach dem Ministerrat scherzte er, die Journalisten seien nach seinen Pressegesprächen oft nicht besser informiert gewesen als zuvor: "Es ist daher gut, dass an der Spitze der Bundesregierung nun jemand steht, der in der Wirtschaft gelernt hat, die Dinge auf den Punkt zu bringen und die Erklärungen so zu geben, dass sie dann auch verstanden werden." Die anwesenden Journalisten quittierten es mit Schmunzeln.