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"Seit Bush übernommen hat, schlittern wir auf dem Arbeitsmarkt in die schlimmste Krise seit der großen Depression" - Jerry Zellhoefer, Europarepräsentant des US-Gewerkschaftsdachverbandes AFL/CIO, zieht im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" eine desaströse Bilanz der Präsidentschaft George W. Bushs. Die offiziellen Statistiken zeigten nicht das wahre Ausmaß des Problems: "Diejenigen eingerechnet, die alle Hoffnung verloren haben und sich gar nicht mehr um Stellen bewerben, stehen 15 Millionen auf der Straße,
44 Millionen - um 2,4 Millionen mehr als 2002 - haben keine Krankenversicherung, Millionen von "working poor" halten sich mit "McJobs" zu dem seit drei Jahren unveränderten Stundenlohn von 5,15 Dollar über Wasser".
Der Gewerkschafter sieht sehr wohl auch die Globalisierung als eine der Ursachen der Misere; "Mehr und mehr Arbeitsplätze werden in Billiglohnländer ausgelagert. Nach Mexiko und Lateinamerika sind jetzt verstärkt Asien, vor allem China dran". Immer mehr sind nach den Industriearbeitsplätzen auch die "White-Collar"-Jobs der Dienstleistungsbranche in den Bereichen Computer, Medizintechnik und Forschung betroffen. Nach Gewerkschaftsangaben planen IBM und andere Elektronik-Giganten in den nächsten 15 Jahren, drei Millionen Dienstleistungsjobs vor allem nach Indien und Asien zu verlegen - "das repräsentiert eine Lohnsumme von 136 Mrd. Dollar". Bei den Verhandlungen über den Welthandel müssten daher internationale Sozialstandards und Umweltschutzverpflichtungen auch für die Schwellenländer durchgesetzt werden. Das Hauptübel sei aber hausgemacht: "Es gibt unter Bush keine Arbeitsmarktpolitik, alle Fortschritte der Ära Clinton sind zunichte gemacht". Produktivität, Börsenkurse und Profite steigen, alles sei nur auf den Schutz des Investments angelegt. "Bush macht Schulden, steuert das Geld in den militärisch-industriellen Komplex statt in die Infrastruktur und senkt die Steuern für die Reichen, während ein Fünftel der Kinder in Armut lebt". Was kann die Gewerkschaft tun? Für Zellhoefer ist die nächste Präsidentschaftswahl die "wichtigste seit 1932" - ein Demokrat muss gewinnen, sonst geht die Casino-Ökonomie ungebremst weiter".