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Schloss Wilhelminenberg: Wurde Kommission behindert?

Von Christian Rösner

Politik

Probleme bei Aktenübermittlung werden im Zwischenbericht beklagt.


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Wien. Problematisch verlaufen offenbar die Aktenrecherchen jener Kommission, die die Missbrauchsfälle im ehemaligen Kinderheim im Schloss Wilhelminenberg untersucht: Die Kommission vermutet, dass Akten zuvor von Beamten der internen Revision des Magistrats durchgesehen werden und erst dann eine Entscheidung getroffen wird, ob sie ausgefolgt werden. In manchen Fällen habe es auch Widerstand gegen die Übermittlung von Akten gegeben, hieß es am Donnerstag.

ÖVP und FPÖ haben umgehend von den Rathaus-Verantwortlichen gefordert, die Arbeit der Kommission nicht zu behindern. Sie verlangen eine "lückenlose Aufklärung" bzw. ein Ende der "Vorzensur". Vermutet wird, dass versucht werde, Täter zu decken. Die FPÖ äußerte sogar den Verdacht, dass Akten "bereinigt" worden seien. Jugendstadtrat Christian Oxonitsch sei "längst rücktrittsreif", meinte FPÖ-Klubchef Johann Gudenus.

Oxonitsch: "Noch bis Mai"

Im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" räumt Oxonitsch zwar ein, dass die Kommission nicht wie geplant Ende dieses Jahres mit ihrer Arbeit fertig wird, sondern erst im Mai 2013. "Das ist allerdings darauf zurückzuführen, dass für die Recherchen ein Bescheid der Datenschutzkommission des Bundes eingeholt werden musste, weil die MA 2 (Personalservice, Anm.) bei der Herausgabe von Personalakten Datenschutzprobleme gesehen hat", so Oxonitsch. Deswegen musste die Kommission auch drei Wochen ihre Arbeit einstellen. Nach dem entsprechenden Bescheid seien die Akten dann aber unter sehr restriktiven Datenschutzauflagen ausgefolgt wurden, hieß es.

"Ist jemand nicht im Untersuchungsgegenstand erfasst, will die MA 2 eben wissen, in welchem Zusammenhang die Person gestanden hat. Und da gibt es immer wieder Diskussionen zwischen der Kommission und der MA 2, die wir aber politisch nicht auflösen können. Denn klarerweise gibt es im Bescheid für die Mitarbeiter der Datenschutzkommission gesetzliche Rahmenbedingungen", meint der Stadtrat.

Oft seien aber etwa bestimmte Namen nur phonetisch bekannt. Dann müsse man eingehend untersuchen, ob es sich bei den betreffenden Akten um die richtigen Personen handle, erklärte wiederum ein Sprecher der Magistratsdirektion. "Es ist aber nicht ein einziges Blatt an seiner Stelle verrückt worden", schwor der Sprecher. Inzwischen seien auch rund 50 Personalakten übermittelt worden.

Bestätigung des Missbrauchs

Das Ergebnis des mittlerweile dritten Zwischenberichts der Kommission bestätigt jedenfalls, dass es im ehemaligen Kinderheim im Schloss Wilhelminenberg über Jahrzehnte zu physischer, psychischer und auch sexueller Gewalt gekommen ist. Letztere wurde ab Mitte der 1960er Jahre hauptsächlich gegen Kinder im Alter unter zehn Jahren ausgeübt, heißt es im Bericht.

Eine abschließende Einschätzung sei derzeit noch nicht möglich, wurde betont. Fix scheint jedoch: "Vielen Verantwortlichen war bekannt beziehungsweise hätte bekannt sein müssen, dass es gewalttätige Übergriffe gab, in den Recherchen wurden bisher keine Gegenmaßnahmen erkennbar", beklagt die Kommission.

Bisher hat die Kommission, die unter dem Vorsitz der Richterin Barbara Helige arbeitet, 144 Interviews zu den Missbrauchsvorwürfen durchgeführt, weitere sollen folgen.