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Die Verhandlungen zur Bildung einer neuen Regierung haben noch nicht einmal begonnen, aber die politische Diskussion geht schon wieder in die falsche Richtung. Schon der Wahlkampf war inhaltsarm, das haben die Tage danach nicht geändert. Die FPÖ will das Innenministerium, in Sachfragen gibt man sich bedeckt. Die ÖVP spricht unverdrossen von "Erneuerung" und "Veränderung", ohne diese genauer zu benennen. Die SPÖ will "mit allen reden", dabei sollten die Roten vor allem untereinander reden. Die einen lehnen eine Koalition mit der FPÖ ab, die anderen können sie sich vorstellen. Wenn die SPÖ, so wie es aussieht, am Ende mit leeren Händen dasteht, hat sie auch an Würde verloren.
Interessant, und wenig erbaulich, ist das Faktum, dass es so gut wie keine inhaltlichen Bedingungen für eine Regierungsarbeit gibt. Wie soll der von der ÖVP versprochene "Rückbau des Staates" aussehen? Wohin wird sich die Bildungspolitik bewegen? Auf diese Fragen gibt es keine validen Antworten. Die SPÖ hat mit dem "Plan A" ein Konzept vorgelegt, ist aber nicht Nummer eins und müsste grobe Abstriche machen.
In Wahrheit haben die Wähler die Katze im Sack gekauft, in der Hoffnung, dass es schon besser werde. Das Thema Zuwanderung und Integration ist aber nur eines von vielen - und für den Umbau der Republik nicht das wichtigste.
Es würde den Parteien gut anstehen, sich schon während der Annäherungs-, Sondierungs-, Regierungsbildungs- oder wie auch immer die Gespräche genannt werden, inhaltlich zu positionieren. Die FPÖ, die ja mit einiger Sicherheit der nächsten Regierung angehören wird, könnte etwa klarmachen, wie sie sich den gesellschaftlichen Zusammenhalt vorstellt. Die Israelitische Kultusgemeinde zu umgarnen, um den Vorwurf des Antisemitismus zu entkräften, ist besser als nichts - aber noch kein Konzept für ein gedeihliches und entspanntes Zusammenleben.
Vor allem aber sollten die ÖVP und ihr Obmann und künftiger Bundeskanzler Sebastian Kurz mit sachpolitischen Festlegungen kommen. Bis Freitag kann er sich noch auf den Bundespräsidenten ausreden, der ihm dann die Regierungsbildung in die Hände legt. Spätestens dann haben die Bürger des Landes ein Recht darauf zu erfahren, was sie erwartet. Und die SPÖ muss darlegen, wo sich ihre "rote Linie" befindet. Damit würde allen klar, dass ihre Rolle im neuen Parlament die Opposition sein wird.