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Schluss mit der Spekulation gegen den Euro

Von Reinhard Göweil, Brüssel

Europaarchiv

Weiter Milliardenhilfen über die Kommission. | Sarkozy: "Spekulanten werden zahlen." | Faymann: "Geschlossenes Auftreten gegen Spekulation ist wichtig." | "Wenn die Märkte am Montag öffnen, wird Europa bereit stehen, um den Euro zu verteidigen", sagte Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy nach dem Eurogipfel.


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"Es gibt Wetten gegen Länder, so geht das nicht", sagte auch Bundeskanzler Werner Faymann.

Beim Treffen der 16 Euro-Regierungschefs zur Rettung des Euro ging es hoch her, es dauerte bis lange nach Mitternacht. Was da exakt nach der Einladung des EU-Präsidenten Rompuy ausgemacht wurde, darüber hüllten sich die Regierungschefs in beredtes Schweigen. Keine Einzelmaßnahmen wurde verkündet, allerdings wurde kräftig gegen Spekulanten gewettert.

Und da geht es Schlag auf Schlag. Am Sonntag werden die EU-Finanzminister bei einem Sondertreffen Maßnahmen beschließen, um die Attacken gegen einzelne Euro-Länder sowie die Währungsunion insgesamt zu beenden. Bis Sonntag, so der Auftrag der Regierungschefs, wird dazu die Kommission Vorschläge vorbereiten.

Den Grund für die Eile nannte Sarkozy: Am Montag, so wird befürchtet, könnte die gegen die Währungsunion laufende weltweite Verkaufswelle bedrohliche Ausmaße annehmen. Zudem würden immer mehr Euro-Mitgliedsländer unter Druck stehen, wegen der hohen Staatsverschuldung auch höhere Zinsen hinzunehmen. Damit wurde zu guter Letzt auch Griechenland an den Rand des Ruins gebracht. Die Hilfskredite für das Land nickten die Regierungschefs ebenfalls ab.

Massive Abwehrmaßnahmen plant offenkundig auch die Europäische Zentralbank. Die Rede ist hier davon, dass die EZB tatsächlich beginnen könnte, selber Euro-Anleihen aufzukaufen. Damit würde sie den auf kurzfristigen Profit setzenden Händlern den Boden entziehen, in dem sie kurzerhand die Anleihen selbst kauft, und auch noch den (niedrigeren) Zinssatz selbst festlegen könnte.

Dem widerspricht, dass sich in Europa keine Notenbank an Staatsfinanzierungen direkt beteiligen darf.

Doch mit den Verträgen wird es nicht so genau genommen, wenn die Krise so groß ist wie derzeit.

Denn einer der Beschlüsse der EU-Finanzminister am Sonntag wird darauf hinauslaufen, dass für Länder wie Spanien, Portugal oder Irland, "gemeinschaftliche Hilfen" zur Verfügung gestellt werden. Das geht eigentlich nur bilateral, und auch die 110-Milliarden-Euro-Kredithilfe ist so organisiert.

Nun wird aber die EU-Kommission selber einen hohen zweistelligen Milliardenbetrag aufnehmen können, und dieses Geld als eine Art Zahlungsbilanzhilfe an Länder in Not ausborgen können. Eine solche Regelung existiert bereits für Osteuropa, dort hat es wunderbar funktioniert, und der Spekulation gegen diese Länder ein Ende bereitet.

Um dies zu ermöglich, wird der Lissabon-Vertrag arg gedehnt. Im Artikel 122, Absatz 2, heißt es wörtlich: "Ist ein Mitgliedstaat aufgrund von Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Ereignissen, die sich seiner Kontrolle entziehen, von Schwierigkeiten betroffen oder von gravierenden Schwierigkeiten ernstlich bedroht, so kann der Rat auf Vorschlag der Kommission beschließen, dem betreffenden Mitgliedstaat unter bestimmten Bedingungen einen finanziellen Beistand der Union zu gewähren. Der Präsident des Rates unterrichtet das Europäische Parlament über den Beschluss."

Solch außergewöhnliche Ereignisse werden jetzt gesehen: Die Kommission wird dies am Sonntag vorschlagen, der Rat der Finanzminister beschließen. Der Vorteil dabei: Es sind keine Vertragsänderungen dazu notwendig, eine in der EU überaus aufwändige Prozedur.

"Wir werden in Zukunft gut beraten sein, schneller reagieren zu können", sagte Faymann nach dem Gipfeltreffen. Dabei hielt Spaniens Premier Zapatero eine flammende Rede über die desaströse Wirkung der Finanzspekulation gegen sein Land: Erste Anzeichen einer Konjunkturerholung seien durch die steigenden Zinsen wieder zunichte gemacht worden.

Über den völlig verrückten Arbeitsmarkt in Spanien, wo es einerseits große Reglementierungen (bis zur Unkündbarkeit) gibt, aber auch Bereiche, in denen es keinerlei soziale Abfederung gibt, sprach er nicht.

Darüber müsste er aber in Zukunft sprechen, denn die Regierungschefs wollen in Zukunft enger zusammenarbeiten. Dazu zählt auch eine Kontrolle der budgetären Maßnahmen auf Sinnhaftigkeit. Der Defizitabbau soll beschleunigt werden, aber in dem Sinn, dass Länder, die noch über keine Pläne zur Budgetkonsolidierung verfügen, solche nun schleunigst vorlegen müssen.

Mit all den Maßnahmen soll der Euro stabilisiert und die Spekulationsattacken gegen die Währung beendet werden. Ob es funktioniert, sollte am Montag zu sehen sein…