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Schluss mit Parkbankerl und Taubenfüttern!

Von Walter Hämmerle

Politik

Klischee der armen Alten entspricht nicht mehr Realität. | Neuordnung der Pflege gefordert. | Wien. Manche Klischees halten sich hartnäckig, auch wenn sie noch so falsch sein mögen. Zu diesen gehört auch das Bild von den taubenfütternden Senioren auf einem Parkbankerl.


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Andreas Khol, Nationalratspräsident und Obmann des ÖVP-Seniorenbundes in Personalunion, kann dieses Bild nicht mehr ertragen. Und hat deshalb eine Denkwerkstatt ins Leben gerufen mit dem Ziel, ein zeitgemäßes Bild von und Leitbild für die Generation 60 Plus zu erarbeiten. Ein Entwurf mit dem Titel "Senioren.Zukunft.Leben.", der sich mit Bereichen wie Lebenserwartung, Gesundheit, Wohnen, Pflege, Religion oder Sexualität im Alter befasst, wurde am Freitag beim Senioren-Kongress im Wiener Palais Ferstel präsentiert.

Die Notwendigkeit für eine solche Initiative liegt für Khol auf der Hand, wie er bei einem Hintergrundgespräch am Donnerstagabend erläuterte: Studien belegen, dass die Menschen heute bis zum 80. Lebensjahr leistungsfähiger, aktiver, wohlhabender und gesünder sind als je zuvor. Das Bild vom Alter als sozial marginalisierte, von Armut betroffene und Krankheit geschwächte Lebensphase könnte fälscher nicht sein wird auch von einer Fessel-Studie widerlegt:

 30 Prozent leben als "Zufriedene" (familienorientiert, solidarisch tätig, sparsam, sicherheitsbewusst);

 27 Prozent als "Neugierige" (urban, reiselustig, physisch sowie geistig aktiv und positiv);

 16 Prozent als "ewig Junge" (gesund, aktiv, erfolgreich, wollen nicht als alt bezeichnet werden);

 und nur 27 Prozent leben zurückgezogen, weil sie krank, isoliert, immobil und arm sind.

Entsprechend spricht der Grazer Soziologe und Mitglied der Denkwerkstatt Manfred Prisching vom mächtigen Alter in Bezug auf den Einfluss der Senioren auf Politik und Wirtschaft. Und dieser Einfluss wird noch weiter wachsen, steigt doch der Anteil der über 60-Jährigen von 1,2 Millionen bei derzeit 8 Millionen Gesamtbevölkerung auf 3 Millionen im Jahr 2050 bei einer Bevölkerung von dann 9 Millionen.

Inhaltlich fordert der Leitbild-Entwurf eine gesicherte Mitbestimmung der Senioren, indem der Seniorenrat als 5. Sozialpartner institutionalisiert wird. Dringend notwendig ist demnach auch eine Neuordnung des Pflegesystems (das Pflegegeld soll beibehalten, jedoch regelmäßig angepasst werden, Pflegeversicherung wird abgelehnt, Ausbau der mobilen Dienste). In der Verfassung festschreiben will Khol die Anti-Altersdiskriminierung.

Der Leitbild-Entwurf soll in weiterer Folge in den Landesorganisationen des Seniorenbundes diskutiert und im August eine endgültige Fassung beschlossen werden.