Public Eye Awards in Davos verliehen. | World Economic Forum von Gegnern der Globalisierung als Tribüne genutzt. | Davos. Die Globalisierungskritiker nehmen sich beim Word Economic Forum (WEF) traditionell kein Blatt vor den Mund. Bei der Verleihung des Negativpreises Public Eye Award an den staatlichen französischen Nuklearkonzern Areva und den Schweizer Rohstoffmulti Glencore gestern in Davos nutzte Susan George, Politikwissenschafterin und Mitbegründerin der globalisierungskritischen Organisation Attac, die Gelegenheit zu einem Rundumschlag: "Das Weltwirtschaftsforum hat keine der jüngsten Krisen vorhergesehen", sagte sie. Und das sei auch nicht weiter verwunderlich, denn das erklärte Ziel des WEF, "den Zustand der Welt zu verbessern", sei nur vorgegeben: "Tatsächlich geht es hier nur um Eigennutz und keinesfalls um den Nutzen aller." Das zeige auch die jüngste Finanzkrise, die die Folge unverantwortlichen Handelns der involvierten Finanzinstitute sei, so George. Eine der nötigen Konsequenzen sei eine internationale Besteuerung von Finanztransaktionen, "damit hier endlich ein Beitrag abgeschöpft wird zur Lösung unserer globalen Probleme".
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Scharfe Kritik an der globalen Wirtschaft
Es seien gerade die globalisierungskritischen Nicht-Regierungs-Organisationen (NGOs), die den Finger auf diese offenen Wunden legten, sagte Susan George und lobte die Veranstalter von Public Eye: "Es braucht, gerade vor den Toren des Weltwirtschaftsforums, diese Gegenveranstaltung."
Bereits zum achten Mal wurden gestern Nachmittag in Davos die Public Eye Awards verliehen. Organisiert wird die Verleihung des Schmähpreises von der Naturschutzorganisation Pro Natur und der Entwicklungsorganisation Erklärung von Bern. Aus einer Reihe von drei Dutzend in Zusammenarbeit mit Nicht-Regierungs-Organisationen aus der dritten Welt nominierten Unternehmen, unter ihnen der Saatguthersteller Bayer Crop Science, der Bananenproduzent Dole, Exxon Mobil und der Zementfabrikant Holcim, wurde in der Kategorie Global Award der französische Nuklearmulti im Staatsbesitz Areva an den Pranger gestellt.
Gesundheitsschäden beim Abbau von Uran
Die Begründung: Areva betreibt im Norden Nigers zwei Uranminen auf Kosten der Gesundheit der Beschäftigten. Arbeitern, die an Krebs erkrankt sind, werde gesagt, sie seien HIV-positiv, um die wahre Ursache Verstrahlung zu vertuschen. Der Swiss Award geht an den Rohstoffmulti Glencore wegen seiner "ausbeuterischen" Praktiken und der Verletzung elementarster Arbeitsrechte in seinen kolumbianischen Kohleminen.
Zum zweiten Mal wurde in Davos zudem ein positiver Award verliehen. Er ging an den Bekleidungsfabrikanten Hess Natur für ein Projekt mit Bio-Baumwolle in Burkina Faso. In einer Internet-Abstimmung wurde schließlich, bei zehntausend abgegebenen Stimmen, das Urteil der Jury bestätigt. Der Publikumspreis ging wiederum an Areva, gefolgt von Bayer und Glencore. Mit diesen negativ besetzten Preisen, so hoffen die Veranstalter, sollen die global tätigen Multis unter Druck gesetzt werden, sich "gegenüber Mensch und Natur respektvoller zu verhalten".