Zum Hauptinhalt springen

Schmied und ihr Eisbrecher

Von Petra Tempfer

Politik

95 Prozent der AHS-Standorte planen Schulversuche für die neue Matura.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 12 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Wien. "Ich habe erwartet, dass wir einen Eisbrecher finden", sagte Unterrichtsministerin Claudia Schmied am Donnerstag anlässlich der Präsentation jener Schule, die als erste die Zentralmatura in ihrer kompletten Form anbietet: das Stiftsgymnasium St. Paul im Lavanttal in Kärnten, dessen Maturanten im Frühjahr 2014 die neue Matura durchlaufen werden.

Es wird zwar nur eine Maturaklasse mit 28 Schülern geben, so Pater Thomas Petutschnig, der Direktor des Privatgymnasiums - Schmieds Euphorie, dass zumindest eine Schule freiwillig das neue Modell anbietet, schien dennoch ungebrochen. Verpflichtend wird die Zentralmatura erst im Schuljahr 2014/15 für alle Allgemein bildenden höheren Schulen (AHS) sein, für die berufsbildenden (BHS) ein Jahr später. Der Termin wurde nach Protesten von Eltern-, Lehrer- und Schülervertretern wegen mangelnder Vorbereitungszeit vor allem für das Fach Mathematik um ein Jahr nach hinten verschoben.

"An den Schulversuchen gibt es ja bereits eine rege Beteiligung", sagte Schmied. Das Stiftsgymnasium St. Paul setze "ein wichtiges Signal für alle Beteiligten und möge dazu beitragen, dass die Kultur des Gelingens lebt". Wer noch im Frühling 2014 teilnehmen will, könne dies bis Ende Jänner 2013 im Schulgemeinschaftsausschuss beschließen und bis Ende Februar dem Ministerium bekanntgeben.

"Probematura" ab 2013

Konkret planen derzeit laut Schmied 95 Prozent der AHS-Standorte zum Termin 2013 einen Schulversuch für die neue Matura. Das bedeutet, dass zumindest eine der Klausuren nach dem Muster der neuen Reifeprüfung absolviert wird.

Ende Jänner 2013 wird es auch "Probematura"-Aufgaben für die Fächer Deutsch und Mathematik an den AHS sowie Deutsch, Mathematik und Englisch an den BHS geben. Durchgeführt werden soll die "Probematura" an den AHS in Mathematik in den vorletzten und letzten Klassen. In allen anderen Schulformen und Prüfungsfächern nur in den letzten Klassen, etwa vier bis fünf Monate vor der Reifeprüfung.

Dem Umstand, dass 2014 nur ein Gymnasium das Komplettmodell übernimmt, ringt jedenfalls auch Peter Simon, Leiter des Wiener Zentrums des Bundesinstituts für Bildungsforschung (Bifie), etwas Positives ab. "Das versetzt uns in die Lage, uns auf diese Schule zu konzentrieren", meinte er, also der persönliche "Maturacoach" zu sein und die Schule auf ihrem Weg zur Zentralmatura intensiv zu begleiten. Zudem seien Workshops mit allen Schulpartnern geplant, bei denen es um den konkreten Maturaablauf für die einzelnen Fächer und Lehrpläne gehe. Spezifische Informations- und Korrekturunterlagen sollen laut Simon aufliegen.

Ganztagsschule bald Realität?

Freilich endete die Pressekonferenz zur Zentralmatura nicht, ohne offene Fragen zum Thema Ganztagsschule behandelt zu haben: Schmied rechnet - wie auch ÖVP-Klubobmann Karlheinz Kopf - mit einem Beschluss zum Ausbau im nächsten Ministerrat, wie sie betonte. Eine von der ÖVP ins Spiel gebrachte Junktimierung mit Themen wie Ethikunterricht lehnt sie nach wie vor ab. Das Thema sei zwar wichtig, aber "noch nicht entscheidungsreif".

Zwölf Pakete der Schulentwicklung

Neue Matura: Mit Gesetzesbeschluss vom Juli 2012 können alle AHS mit zwei Drittel Zustimmung des Schulgemeinschaftsausschusses 2013/14 die Zentralmatura umsetzen. Ab 2014/15 ist diese verpflichtend, die BHS startet jeweils ein Jahr später.

Ganztagsschule: Derzeit nehmen 119.000 Schüler, doppelt so viele wie 2007/08, Angebote zur schulischen Nachmittagsbetreuung wahr oder gehen in eine verschränkte Ganztagsschule. Ab 15 Schülern gibt es einen Rechtsanspruch auf Nachmittagsbetreuung, für die verschränkte Form ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit der Eltern und Lehrer der Klasse nötig. Derzeit wird darüber verhandelt, das Angebot der Ganztagsschulen weiter auszubauen.

Neue Mittelschule: Bis 2015/16 sollen alle Hauptschulstandorte - und interessierte AHS-Unterstufen - zu Neuen Mittelschulen werden. Derzeit gibt es an den österreichweit 1176 Hauptschulstandorten 698 Neue Mittelschulen.

Berufsbildung: Österreich liegt im berufsbildenden Bildungswesen auf Platz eins: 76,8 Prozent der Schüler im Sekundarbereich 2 besuchen eine Schule mit beruflicher Orientierung. Der EU-21-Durchschnitt liegt bei 52,8 Prozent, der OECD-Durchschnitt bei 46 Prozent.

Schulabbruch: Die frühzeitige Schul- und Ausbildungsabgängerquote lag 2011 bei 8,3 Prozent, der EU-Schnitt beträgt 13,5 Prozent. Von allen EU-Staaten wurden 2007 maximal 10 Prozent als Zielwert bis 2020 festgelegt.

Pädagogische Hochschulen: Die Zahl der Studierenden an PH hat sich von 2008/09 bis 2012/13 auf 15.000 verdoppelt. Bei der Regierungsklausur in Laxenburg wurde das Modell der neuen Pädagogenausbildung konkretisiert, das Gesetzespaket ist in Vorbereitung.

Bildungsstandards: Sie legen fest, welche Kompetenzen Schüler nach der 4. und 8. Schulstufe in Deutsch, Mathematik und Englisch haben sollen. Die erste der jährlichen Überprüfungen fand im Mai 2012 statt, die Daten werden derzeit ausgewertet.

Oberstufe: An rund 40 Standorten wird derzeit im Schulversuch die neue Oberstufe getestet: Im Zentrum stehen eine kontinuierliche Leistungserbringung und eine verbesserte Vorbereitung auf eine universitäre Ausbildung. Ab 1. September 2017 soll es an allen Schulen die neue Oberstufe geben.

Lehre mit Matura: Dieses Angebot gibt es seit 2008, jährlich stehen 12,4 Millionen Euro zur Verfügung. 2012 absolvierten 9300 eine Lehre mit Matura, doppelt so viele wie 2009.

Schulbau: Bis 2018 stehen dem Bundesschulbauprojekt 1,6 Milliarden Euro zur Verfügung. Österreichweit sind derzeit 39 Schul-Großprojekte (Neubauten und Generalsanierungen) in Ausführung oder Planung.

Reform der Schulverwaltung: Noch in dieser Legislaturperiode soll die Schulverwaltungsreform umgesetzt werden, die die Abschaffung der Behördenebene Bezirksschulrat vorsieht. Das entspricht der Abschaffung von 100 Behörden.

Kleinere Klassen: Die Klassenschülerzahl wurde in allen Schultypen der Primar- und Sekundarstufe 1 von 30 stufenweise auf 25 gesenkt.