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Schmierige Fragen

Von Barbara Ottawa

Wirtschaft
Barbara Ottawa ist freie Journalistin und berichtet vorwiegend über Investitionen und Pensionskassen.

Der immer volatiler werdende Ölpreis - eine Geschichte voller Missverständnisse


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Frankreich will jetzt die Initiative ergreifen: Bevor das Land 2011 die Präsidentschaft über die G20, jene Staaten, die zusammen etwa 85 Prozent der globalen Wirtschaftskraft ausmachen, übernimmt, fordert es von der EU eine strengere Regulierung des Marktes für Derivate auf Öl und andere Rohstoffe.

Als Hauptargument bringt Frankreich dabei die durch den Handel mit solchen Optionen und Futures, also praktisch Wetten auf zukünftige Preisentwicklungen, ausgelösten Preisschwankungen an den Rohölmärkten. Das ließ wiederum das renommierte französische Forschungsinstitut EDHEC aufhorchen, denn laut Ansicht der Akademiker ist dieses Argument haltlos. Zwar befürworten sie die Einführung neuer Regeln für den Handel mit Derivaten, "um die Transparenz und Sicherheit dieser Märkte zu erhöhen", bemängeln anderseits aber, dass eine Stärkung des Marktes durch die EU nicht auf "ideologischen Annahmen und vorgefassten Meinungen" beruhen sollte, die "im Endeffekt zu Missverständnissen auf beiden Seiten des Atlantik führen könnten".

Eine EDHEC-Studie kommt zu dem Schluss, dass es zwischen 2006 und 2009 "keine übertriebenen Spekulationen am US-Rohölmarkt gegeben hat". Aber die Autoren schränken selbst ein, dass diese Behauptung nur unter bestimmten Parametern stand hält. In diesen Jahren kletterte der Preis pro Barrel, also Fass Rohöl, im Sommer 2008 kurzfristig auf über 147 US-Dollar und stürzte dann 2009, ebenfalls nur für kurze Zeit, wieder auf unter 40 US- Dollar ab.

Solche extremen Preisschwankungen hat es laut Statistik bis dato noch nicht gegeben, aber seit den 1970ern hat die Volatilität des Ölpreises drastisch zugenommen - zeitgleich mit einem Anwachsen des Handels mit Derivativen auf diesem Sektor.

Allerdings hat genau zu dieser Zeit die USA auch Regulierungen des Ölpreises gelockert. Einige Akademiker argumentieren deshalb, dass der Derivatehandel nur wegen der gestiegenen Volatilität angewachsen ist und diese nicht ausgelöst hat.

Tatsächlich gibt es Studien, wonach ein gut funktionierender, liquider Handel mit Derivaten einen Rohstoffmarkt sogar stabilisieren kann.

Natürlich gibt es zirka die gleiche Anzahl an Studien, die das Gegenteil belegen und erst im August wurde einer Firma, die mit Derivaten handelt, von der US-Rohstoffderivatebehörde CFTC eine Strafe von 12 Millionen US-Dollar auferlegt, mit der Begründung, diese Firma habe mit einem Handelsabschluss im Jahr 2008 den Rohölpreis künstlich in die Höhe getrieben.

Spekulatives Preistreiben gibt es also. Aus solchen Einzelfällen jedoch den Handel mit Derivaten allgemein als Teufelswerk zu verdammen, scheint aber übertrieben. Vor allem weil gerade der Ölpreis von sehr vielen verschiedenen Faktoren beeinflusst wird, die politisch gesteuert sind - oder über den Wechselkurs US-Dollar/Euro. Auch der weltweit steigende Ölverbrauch und dessen Einbruch während der Krise haben einen Einfluss auf den Preis, ebenso wie die schwindenden Ölreserven. Laut der Webseite "worldometer" sind es übrigens nur noch 15.426 Tage, bis uns das Öl ausgeht, bei gleichbleibender Nachfrage.

Barbara Ottawa ist freie Journalistin und berichtet vorwiegend über Investitionen und Pensionskassen.