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Schmutziger Machtkampf in Polen

Von Gerhard Lechner

Europaarchiv

Zeitung: Fernsehen für Kaczynski. | Polnische Rechte verliert an Terrain. | Profitieren Linke vom Dauerstreit? | Warschau/Wien. Noch ist nicht sicher, wer bei der Präsidentenwahl im Herbst 2010 antritt, doch der Wahlkampf in Polen droht bereits jetzt schmutzig zu werden: Nach der Glücksspielaffäre um Politiker der rechtsliberalen Regierungspartei "Bürgerplattform" von Premier Donald Tusk berichtete die Zeitung "Gazeta Wyborcza" am Mittwoch, das öffentlich-rechtliche Fernsehen TVP würde vor der Wahl für den amtierenden Präsidenten Lech Kaczynski Partei ergreifen. "Keine Information, die ihm schaden könnte, wird mehr erscheinen", sagte ein TV-Journalist der Zeitung.


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Gleichzeitig würde das Fernsehen den voraussichtlichen Herausforderer Tusk "für alles kritisieren, was nur möglich ist", so ein anderer TVP-Journalist. Den Sender leitet seit Mitte September Boguslaw Szwedo. Er steht der rechtskonservativen Oppositionspartei "Recht und Gerechtigkeit" (PiS) von Präsidentenbruder Jaroslaw Kaczynski nahe. Der Dauerstreit im rechten Lager scheint die Polen zunehmend zu ermüden: Nach neuesten Umfragen verlieren sowohl Premier Tusk, der versucht, mit einem harten Glücksspielgesetz den jüngsten Entwicklungen gegenzusteuern, als auch Kaczynski an Vertrauen in der Bevölkerung.

Profitieren davon könnte die polnische Linke: Tatsächlich befinden sich in den Umfragen vor allem Politiker aus dem linken Spektrum im Aufwind, wie etwa Ex-Außenminister Wlodzimierz Cimoszewicz oder der Europa-Abgeordnete und frühere Parteichef der Demokratischen Linken (SLD), Wojciech Olejniczak.

Scharfe Kritiker

Allerdings handelt es sich bei diesen Politikern um scharfe Kritiker des noch jungen SLD-Chefs Grzegorz Napieralski: Cimoszewicz dementierte jüngst Ambitionen auf das Präsidentenamt mit Verweis auf die "jugendliche Radikalisierung" und den "Populismus" der SLD. Diese sucht immer mehr die Nähe der rechtskonservativen PiS: So wurde etwa auch die Wahl Szwedos zum TVP-Vorsitzenden nur mit Unterstützung der SLD möglich. Und Olejniczak gilt intern als schärfster Rivale Napieralskis in der zutiefst gespaltenen Partei: Im Mai 2008 wurde er von ihm von der Parteispitze geputscht.