"Erste Gespräche" wurden bestätigt. | Börse euphorisch: Conti-Aktie steigt um bis zu 27 Prozent. | Größte Übernahme des Jahres in Europa. | Hannover/Herzogenaurach. Der Übernahmeversuch dürfte den Continental-Konzernchef nicht wirklich überrascht haben: Schließlich hatte Manfred Wennemer, 50 Jahre alt und seit 2001 an der Conti-Spitze, den Konzern in den letzten Jahren durch zahlreiche Zukäufe unter die weltweiten Top-Fünf der Autozulieferbranche gepusht.
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Nach dem milliardenteuren Kauf des Konkurrenten Siemens-VDO im Vorjahr war der Schuldenstand von Conti auf mehr als elf Milliarden Euro gestiegen, während sich der Aktienkurs binnen eines Jahres von 110 auf knapp 54 Euro mehr als halbiert hatte - was den Hannoveraner Konzern zu einem wahren Schnäppchen werden ließ.
Dass aber ausgerechnet die Gewerkschafter, mit denen er manch heftigen Strauß ausgefochten hat, ihm nun zur Seite stehen würden, damit hat der studierte Mathematiker wohl nicht gerechnet.
Sofort nach der Bestätigung eines "ersten, kurzen Gesprächs" - laut "Financial Times" soll die Schaeffler-Gruppe etwas mehr als zehn Milliarden Euro für die Übernahme des DAX-Konzerns geboten haben - hat die IG Metall am Montag "massiven Widerstand" angekündigt: "Wir werden mit allen Mitteln verhindern, dass ein völlig intransparentes Unternehmen möglicherweise die Continental AG übernimmt und zerschlägt", sagte Hartmut Meine, IG-Metall-Bezirksleiter und Conti-Aufsichtsratsmitglied in Hannover.
Gegen Zerschlagung
Die Schaeffler-Gruppe - seit 1996 unter der Führung der gebürtigen Österreicherin Maria Elisabeth Schaeffler - habe in der Vergangenheit Arbeitnehmer- und Gewerkschaftsinteressen mit Füßen getreten, ein Aufsichtsratsgremium werde durch die Unternehmensstruktur seit Jahren verhindert.
"Den Kauf kann die Familie wahrscheinlich nur schultern, wenn sie die Reifen-sparte zum Kauf anbietet", erklärte Meine. Industriepolitisch mache eine mögliche Zerschlagung des Unternehmens überhaupt keinen Sinn. Das jetzige Conti-Profil, Reifen, Automobilelektronik und Bremssysteme anzubieten, sei sinnvoll.
Eine Continental-Sprecherin verwies auf die grundsätzliche Haltung des Unternehmens: "Wir haben keine Berührungsängste gegenüber Investoren, die die langfristige Strategie und Geschäftspolitik des Unternehmens unterstützen und die Conti nicht zerschlagen wollen. Jedem Interessenten mit Absichten einer feindlichen Übernahme wünschen wir viel Glück, er wird es brauchen."
Conti selbst hat am Montag angesichts gestiegener Rohstoffpreise und wachsender Probleme der Autoindustrie Befürchtungen um seine Rendite im Reifengeschäft geäußert - die Sparte steuert bereits seit einigen Jahren deutlich weniger als die Hälfte des Konzernumsatzes bei, brachte aber zuletzt mit 740 Millionen den Löwenanteil des Bruttogewinns (Ebit). "Im ersten Halbjahr konnten wir nicht die Marge des Vorjahres erzielen. Auch für das Gesamtjahr bin ich vorsichtig", sagte Contis Pkw-Reifenvorstand Alan Hippe dem "Handelsblatt".
Die Schaeffler-Gruppe ist der weltweit zweitgrößte Wälzlager-Konzern. Der familiengeführte Konzern aus Herzogenaurach fertigt Lager unter anderem für Maschinen, Anlagen, die Automobilindustrie sowie die Luft- und Raumfahrt. Im Jahr 2007 erwirtschaftete man mit den drei Marken INA, LuK und FAG und weltweit 86.000 Beschäftigten einen Umsatz von 8,9 Milliarden Euro.
Frau Schaeffler - vom "Manager Magazin" damals als "listige Witwe" tituliert - war schon 2001 mit einer feindlichen Übernahme erfolgreich: Sie kaufte den Schweinfurter Kugellagerhersteller FAG Kugelfischer gegen den Willen seines Managements.
Der Continental-Konzern gehört mit einem für 2008 anvisierten Umsatz von mehr als 26,4 Milliarden Euro weltweit zu den fünf führenden Automobilzulieferern. Zu den Produkten zählen Bremssysteme, Systeme und Komponenten für Antrieb und Fahrwerk, Instrumentierung, Infotainment-Lösungen, Fahrzeugelektronik und Reifen. Das Unternehmen beschäftigt derzeit rund 150.000 Mitarbeiter an nahezu 200 Standorten in 36 Ländern.
Die Börse reagierte euphorisch auf die mögliche größte Firmenübernahme in Europa in diesem Jahr, durch die laut "Automobilwoche" der weltweit drittgrößte Automobilzulieferer entstehen könnte: Die Conti-Aktie schoss in der Spitze um bis zu 27 Prozent nach oben.