)
Die Hoffnung, die der Konvents-Vorsitzende Franz Fiedler am Tag der Präsentation seines Textentwurfs für eine neue Verfassung äußerte, nämlich dass dieser zu einer Initialzündung werden möge, löste sich schon am Tag danach in Luft auf. Die SPÖ bleibt bei ihrer Ablehnung des Fiedler-Entwurfs. Selbst Nationalratspräsident Andreas Khol, der bis zuletzt in allen Verfassungsfragen Optimismus versprühte, musste gestern zugestehen, dass die nächsten Schritte hin zu einer neuen Verfassung möglicherweise Jahre dauern könnten.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 20 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Wie erwartet, spießt es sich vor allem bei der Kompetenzverteilung zwischen den Gebietskörperschaften: Der von Fiedler gewählte zentralistische Lösungsansatz führe hier nicht zum Ziel, erklärte Khol: "Hier müssen wir mit den Ländern völlig neu verhandeln", denn: "Gegen den Widerstand der Landeshauptleute ist ein Beschluss nicht möglich."
Das war allerdings allen Beteiligten von Anfang an klar. Umso unverständlicher erscheint daher auch die von Fiedler in diesem für eine Mehrheitsfindung höchst sensiblen Punkt gewählte Vorgangsweise, die die Länder auf ein reines Vollzugsorgan von Bundesgesetzen reduziert hätte. Die Länder werden nun bis Ende Jänner dem Konvent einen eigenen Vorschlag unterbreiten. Sieht man von der Frage der Kompetenzverteilung einmal ab, so kann sich Khol - abgesehen von Korrekturen in einzelnen Bereichen - eine Zustimmung der ÖVP zum Entwurf vorstellen.
Ganz anders die SPÖ: Fiedler habe stets die ÖVP-Version übernommen. Für die SPÖ wichtige Punkte wie die Wahlaltersenkung auf 16 Jahre seien im Entwurf nicht enthalten, kritisierte Klubchef Josef Cap. Das Lob Khols bestätige die Einseitigkeit des Entwurfs. Damit scheint auch die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament außer Reichweite. Auch für Grünen-Vizechefin Eva Glawischnig ist der Konvent gescheitert. FPÖ-Klubobmann Herbert Scheibner vermutet angesichts solcher Aussagen, dass es SPÖ und Grüne von Anfang an auf ein Scheitern des Konvents angelegt haben.
Wenn der Konvent am 28. Jänner seine Arbeit abschließt, ist für Khol immerhin der erste Schritt zur Verfassungsreform erfolgreich geschafft. Bis zu einer neuen Verfassung bleibt es jedoch noch ein langer Weg: Denn der "zweite, dritte und vierte Schritt, nämlich die politische Konsens-Bildung", könnte "Jahre" dauern, so Khol. Dessen ungeachtet hofft er weiterhin auf eine Einigung bis spätestens 2006.
An die Gefahr, dass die Vorschläge des Konvents nun "in einer Schublade landen" und dort verstauben, wie es schon anderen Verfassungsreform-Unterfangen ergangen ist, glaubt Khol nicht. Schließlich hätten 70 weise Männer und Frauen eineinhalb Jahre lang den Text erarbeitet. Khol: "Jetzt zu sagen: 1. April, das ist nichts, kann keine Partei wirklich meinen."