Zum Hauptinhalt springen

Schnelle Einigung bei Mitte-Rechts in Tschechien

Von WZ-Korrespondentin Alexandra Klausmann

Europaarchiv

Schwarzenberg: "Verhandlung war sehr aufgeschlossen." | Prag. Gespannt wartet Tschechien auf ein Wort aus der Prager Burg. Präsident Vaclav Klaus könnte schon heute, Freitag, den nächsten Ministerpräsidenten der Tschechischen Republik ernennen: Den Chef der konservativen Demokratischen Bürgerpartei (ODS), Petr Necas.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 14 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Die Weichen zu Necas Kür wurden schon Anfang der Woche gestellt. Am Dienstag proklamierten ODS, die liberale TOP 09 und die undurchsichtig-populistische Partei "Öffentliche Angelegenheiten" (VV) in einer gemeinsamen Erklärung ihre Bereitschaft zu koalieren. Im 200-köpfigen Abgeordnetenhaus verfügen die Parteien zusammen über eine bequeme Mehrheit von 118 Mandaten.

Eine starke, mehrheitsfähige Regierung ist gerade jetzt wichtig für das Land. Die Arbeitslosigkeit steigt, genauso wie die Staatsverschuldung, die inzwischen bei 36 Prozent des tschechischen Bruttoinlandsprodukts liegt. Ein großes Problem ist auch die Korruption, die in Tschechien schon mehr zur Regel denn zur Ausnahme zählt. Es sei ein Kabinett der "Haushaltsverantwortung und des Kampfes gegen die Korruption", auf das man sich geeinigt habe, sagte Necas.

Schwarzenberg populär

"Die Verhandlungen waren sehr aufgeschlossen und freundlich. Wir sind sehr schnell zu einer Einigung gekommen," kommentierte der Vorsitzende der TOP 09, Karl Schwarzenberg die Gespräche. Er wird als Außenminister gehandelt, auch wenn angeblich noch nicht über die Verteilung von Ministerposten diskutiert wurde. Dieses Amt hatte Schwarzenberg schon in der Regierung von Mirek Topolanek (ODS) inne, die im März 2009 per Misstrauensvotum gestürzt wurde.

In Zukunft würden viele Tschechen den 72-jährigen Adligen gerne auf der Prager Burg sehen. Die zweite Amtszeit von Vaclav Klaus läuft Anfang 2013 aus, eine dritte Amtszeit schließt die Verfassung aus. Der Fürst gehört im politikverdrossenen Tschechien seit langem zu den beliebtesten Politikern. Jetzt leitet er für seine TOP 09 die Regierungsverhandlungen, obgleich er dort eher ein Maskottchen als ein politikbildender Vorsitzender ist.

Erleichtert werden die Verhandlungen durch die Tatsache, dass die Sozialdemokraten (CSSD) ihren Regierungsanspruch zurückgezogen haben. Die CSSD ist zwar mit 22,1 Prozent als stärkste Partei aus den Wahlen am vergangenen Wochenende hervorgegangen, allein: ihr fehlte ein Koalitionspartner. Der Rückzug ist fair, aber nicht ohne politisches Kalkül. Je länger sich die Regierungsbildung hinzieht, desto wahrscheinlicher ist es, dass der Staatshaushalt noch von der unpolitischen Expertenregierung des Jan Fischer verabschiedet werden muss. Vom verlorenen Posten der Sozialdemokratie aus ist es allerdings um einiges praktischer, wenn unpopuläre Maßnahmen vom politischen Gegner getroffen werden.