)
Seminare versprechen Erhöhung der Lesegeschwindigkeit. | Sinn und Inhalt trotzdem erfassen. | Wien. Speedreading, Mind Reading System, Photoreading, Scanreading oder Improved Reading - die Namen der Methoden sind vielfältig. Sie alle haben das selbe Ziel: Schneller lesen lernen. Ob die Lesegeschwindigkeit mit diesen Methoden tatsächlich nachhaltig erhöht werden kann, ohne dass dabei das Verständnis auf der Strecke bleibt, darüber sind die Meinungen geteilt.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 20 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
"Soviel ich weiß, gibt es zu diesem Thema relativ wenig Untersuchungen", meint dazu Psychologieprofessor Christian Klicpera von der Universität Wien zur "Wiener Zeitung". Er zweifelt jedenfalls an den Methoden. Eine europäische Untersuchung zum Thema Schnell-Lesen, erschienen in Estland, unterstützt diese Auffassung: "Die Effektivität der verschiedenen Seminare und Programme zur Erhöhung der Lesegeschwindigkeit ist wissenschaftlich nicht begründet", heißt es dort, auch wenn der Autor grundsätzlich der Meinung ist, dass man den Lesevorgang verbessern kann.
Dreimal effizienter nach zwei Tagen
"Wir haben sofort eine messbare Wirkung", schwärmt jedenfalls Improved Reading-Referent Göran Askeljung bei einem Schnupper-Seminar in Wien. Nach einem zweitägigen Training würden die Teilnehmer durchschnittlich dreimal effizienter lesen. Die Leseeffizienz misst sowohl die Lesegeschwindgkeit, als auch die Erinnerung an den Inhalt.
Improved Reading wurde im Jahre 1965 von Stan Rodgers in Australien gegründet. Inzwischen gibt es über 90 Improved Reading Centers (seit 2003 auch in Österreich) in 30 Ländern; über drei Millionen Teilnehmer wurden geschult, heißt es im Informationsheft. Sowohl Private als auch Unternehmen würden die Lese-Seminare mit Erfolg nutzen, so Askeljung mit Verweis auf Referenzen wie Procter & Gamble oder Generali Versicherung. Das Nachhilfeinstitut LernQuadrat will ab Herbst in Kooperation mit dem Improved Reading Center Austria auch Lese-Kurse für Kinder und Jugendliche anbieten.
Die Tricks für höhere Lesegeschwindigkeit
"Nach zwei Tagen sind Sie auf Wortgruppen konditioniert. Sie lesen nicht mehr jedes Wort einzeln", formuliert der Trainer das Hauptziel des Kurses. Zweiter wichtiger Punkt sei es, die Regression zu unterbinden - also das unwillkürliche Zurückspringen zu bereits gelesenen Passagen, und drittens sollte sich der Leser das Subvokalisieren (lautloses Mitlesen) abgewöhnen. Der Erfolg gebe diesen Methoden recht, meint Askeljung. Am Beginn des Seminars würden die Teilnehmer durchschnittlich mit einer Geschwindigkeit von etwa 220 Wörtern pro Minute lesen, am Ende wären es rund 580 - bei gleich gutem Verständnis des Gelesenen.
Der Test: Äpfel mit Birnen vergleichen
Die praktische Probe gibt ihm recht, allerdings nur auf dem ersten Blick. Bei genauerer Betrachtung der Tests, mit denen Lesegeschwindigkeit und Verständnis am Beginn und am Ende des Kurses gemessen werden, drängen sich Zweifel an den Messmethoden auf. Der Haken an der Sache: Die Lesegeschwindigkeit steigt zwar tatsächlich, aber zum zweiten Text werden Fragen gestellt, die die Kursteilnehmer zum Teil auch ohne Lektüre des Textes richtig beantworten könnten. z.B.: Gute Leser: a) sind diejenigen, die ganze Wortgruppen auf einmal lesen; b) übergehen die Wörter, die sie nicht verstehen; c) können 500 Wörter pro Minute lesen; d) werden in dem Artikel nicht erwähnt. Hätten Sies gewusst?

)
)
)