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Was Religionen und Romane beinhalten, ist Glaubenssache. | In vielen, vielleicht sogar schon in wenigen Jahren könnte es einem Sachbuchautor einfallen, die in den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg erschiene Literatur zu durchforsten. Und vielleicht käme er auf die Idee, nicht die überwiegende Mehrheit der Historiker, sondern ein gewisser David Irving habe eigentlich die Wahrheit zum Thema Holocaust geschrieben. Und sicher würden sofort viele Leute glauben (wollen), die Wahrheit werde von bestimmten Kreisen, womöglich von namentlich bekannten jüdischen Organisationen, unterdrückt. Wenn dann noch ein begabter Romanautor diese Hypothese spannend aufbereitet, sind ihr voraussichtlich relativ viele Anhänger sicher.
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Ein ähnliches Muster liegt nach heutigem Wissensstand dem Erfolg von Dan Browns "Sakrileg" (ähnlich gestrickt und ähnlich unglaubwürdig ist sein Opus "Illuminati") zu Grunde. Gegen eine Vielzahl anderer, früherer Quellen deutet eine einzige Schrift aus dem 3. Jahrhundert ein besonderes Naheverhältnis von Jesus Christus und Maria Magdalena an - was sofort als Ehe mit Nachkommen interpretiert wird.
Wer an Romaninhalte glauben will, mag das mit dem selben Recht tun wie einer, der sich an religiöse Botschaften halten will. Gefährlich kann es dann werden, wenn sich Gläubige - wie unlängst die Muslime durch Mohammed-Karikaturen - provoziert fühlen und dem Anlass nicht angemessene Aktionen setzen.
Ein Buch, das für seine Hypothesen keine ernsthaften historischen Belege anbieten kann, ist so viel Aufregung nicht wert. "Sakrileg" ist und bleibt Fiktion - eine Schnitzeljagd fern der realen Welt.