Steinbrück brachte Merkel im TV-Duell in Verlegenheit.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 11 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Sollte Peer Steinbrück diese Wahl verlieren, dann nicht aufgrund des TV-Duells. Der sozialdemokratische Kanzlerkandidat präsentierte sich beim einzigen direkten Aufeinandertreffen mit Angela Merkel am Sonntagabend angriffslustig, schlagfertig, (zu) detailverliebt und gewohnt schnoddrig. Er brachte die routinierte CDU-Politikerin bei der NSA-Abhöraffäre sogar in Verlegenheit. "Ich habe die Dimension des Problems vor den Enthüllungen Edward Snowdens nicht gesehen", musste Merkel eingestehen.
Der Schönheitsfehler: Mit dem NSA-Skandal gewinnt man keine Wahlen, die Empörung der Deutschen über das millionenfache Abgreifen ihrer Daten ist überschaubar. Bei den anderen Themen beschränkte sich die Konservative in bewährter Manier darauf, als Verwalterin eines durchaus passablen – und im internationalen Vergleich derzeit herausragenden – Status quo zu gelten: Angela Merkel, die Hüterin von höherem Wachstum und geringen Schulden.
"Liebe Bürger, Sie kennen mich. Wir hatten vier gute Jahre", sagte die 59-Jährige zusammenfassend über sich. Angesichts der Umfragen, wonach drei Viertel der Deutschen mit ihren Lebensumständen zufrieden sind, beschränkte sich Merkel darauf, die 90-minütige TV-Runde dahinplätschern zu lassen – Sedativum statt Spannung.
Steinbrück forderte die Zuseher daher mehrmals auf "hinter die schöne Schachtel im Schaufenster zu schauen": "Lassen Sie sich nicht einlullen!", rief er den Bürgern vor den Fernsehgeräten zu. Der Hanseat geißelte die Euro-Krisenpolitik und forderte einen neuen Aufbauplan für Griechenland statt eines Konsolidierungskurses, der ins Krankenlager führe. Doch gerade für ihren Austeritätskurs erhält Merkel große Zustimmung in der Bevölkerung; was sich in fünf Jahren nicht änderte, wird bis zum Urnengang am 22. September wohl auch nicht anders.
52 Prozent der für die Wahl noch unentschlossenen sagten in einer ARD-Umfrage unmittelbar nach der Sendung, Steinbrück habe das Duell gewonnen, 36 Prozent votierten für Merkel. In jener Wähler-Zielgruppe müssen die Sozialdemokraten in den kommenden Wochen massiv zulegen, sonst ist der enorme Rückstand von 15 Prozentpunkten auf die CDU nicht aufzuholen. Steinbrück gelang in dem TV-Duell ein Etappenerfolg, von einer Trendwende ist er aber noch weit entfernt.