Für FMA-Vorstand zeigte Einführung von Kryptowährungen wie Libra, Ethereum und Bitcoin Versäumnisse der Banken auf.
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Corona ist der Zündstoff, der die Digitalisierung zum Abheben brachte. Plötzlich war es die normalste Sache der Welt, auf Skype, Teams und Zoom zu kommunizieren. Von digitalem Angesicht zu Angesicht, in Echtzeit, grenzenlos. Unternehmen mussten auf digitale Prozesse umstellen, genauso wie das gesamte Bildungssystem.
Damit beschleunigten sich aber auch Entwicklungen, die der konventionellen Welt die Schweißperlen auf die Stirn trieb. So traf die Digitalisierung der Währungen die Bankenwelt auf dem falschen Fuß, wie Helmut Ettl, Vorstand der Finanzmarktaufsicht (FMA) am Dienstag vor Journalisten einräumte. Als Facebook die Einführung seiner Digitalwährung Libra verkündete, erlebten die Notenbanken ihr "Schockerlebnis durch Facebook", sagt er.
17.000 Krypto-Assets im Umlauf
Aus Libra wurde Diem und sonst nicht viel mehr. Doch es gab erfolgreichere Kryptowährungen, die in der Coronapandemie so richtig an Fahrt aufnahmen. Die bekannteste davon ist Bitcoin. 17.000 Krypto-Assets sind derzeit global in Umlauf, sagt Ettl, etwa 60 Prozent davon sind Bitcoin.
Die Vorteile der Digitalwährungen fügen sich in die plötzlichen Entwicklungen, angetrieben durch Corona. Denn wer ohne Hindernisse grenzenlos kommunizieren kann, möchte auch ohne Hindernisse grenzenlos Geschäfte machen. Digitale Währungen wie Bitcoin sind im Gegensatz zu Bankkonten für jeden zugänglich. Es gibt keine Gebühren bei Zahlungen in andere Länder, egal ob nah oder fern. Zudem ist die Überweisung von Person zu Person möglich.
Das trifft die Bankenwelt an ihren wunden Punkten. "Es gibt einen Bedarf grenzüberschreitend Transaktionen durchzuführen", sagt Ettl. "Doch der findet derzeit nur zu unverschämten Preisen statt." Die Banken haben das Problem aber erkannt, Innovation sei schließlich eine Grundvoraussetzung für die Zukunftsfähigkeit eines Finanzplatzes.
Der digitale Euro soll bald Abhilfe schaffen. Die derzeitige Untersuchungsphase läuft noch ein Jahr und soll im Herbst 2023 abgeschlossen sein. Dann soll es auch, wie etwa bei Bitcoin, eine digitale Geldtasche - Wallet - auf dem Handy geben. Das Bargeld werde aber nicht abgeschafft, schickt Ettl voraus.
Er verweist auf die Gefahren der Kryptowährungen. 55 Prozent aller der FMA 2021 gemeldeten Anlagebetrugsfälle betrafen Krypto-Assets. Weiters unterliegen sie hohen Schwankungen, sie sind daher "hochriskant, extrem spekulativ und für betrügerischen Missbrauch besonders anfällig." Schadenersatz- und andere Rechtsansprüche seien nur sehr schwer durchzusetzen.
Derzeit keine Gefahr durch Energiekrise
Weniger dramatisch sieht er die Auswirkungen der derzeitigen Energiekrise auf das Finanzsystem. "Wir glauben, das Finanzsystem insgesamt ist solide aufgestellt," sagt Ettl. Vollständig ausschließen könne man ein Überschwappen aber nie. "Wenn die Energiekrise dazu führt, dass die gesamte Wirtschaft stillsteht, dann wird es auch eine Belastung für die Finanzindustrie geben, das ist klar."