Der Aktienkurs des Ölfeldausrüsters hat sich heuer im Zuge der Energiekrise um 80 Prozent hinaufkatapultiert.
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Ukraine-Krieg, Energiekrise, Inflation und Konjunktursorgen - für Anleger hat es heuer wie an anderen Marktplätzen auch an der Wiener Börse bisher so gut wie nichts zu holen gegeben. Unterm Strich weist der Leitindex ATX seit Jahresbeginn ein Minus von rund 20 Prozent aus. Von seinen 20 Aktienwerten notieren 15 Titel zu einem großen Teil im tiefroten Bereich. Nur bei fünf Werten ist die Performance positiv: bei den Immobilienfirmen S-Immo und Immofinanz, dem Caterer Do&Co, dem Leiterplattenhersteller AT&S - und dem Ölfeldausrüster Schoeller-Bleckmann Oilfield Equipment (SBO). Aus dieser Gruppe sticht SBO vor allem deshalb heraus, weil der Kurs des niederösterreichischen Industrie-Titels gegenüber dem Ultimo 2021 rund 80 Prozent im Plus liegt und damit dieses Jahr nach längerer Durststrecke ein starkes Comeback feiert.
Dass es mit dem kleinen ATX-Wert trotz allgemein schlechter Stimmung, die derzeit an den Börsen herrscht, steil bergauf geht, kommt für Firmenchef Gerald Grohmann nicht überraschend. "Das Thema der Stunde ist Energiesicherheit", betont er im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Der Wunsch, von russischen Öl- und Erdgaslieferungen unabhängig zu sein, stärke die Aktivitäten auf den nordamerikanischen und internationalen Märkten außerhalb Russlands. "Es wird wieder vermehrt in Exploration und Produktion investiert", so Grohmann. "Das belebt unser Geschäft deutlich und damit auch unseren Aktienkurs." Was dabei ebenfalls eine wichtige Rolle spiele, sei der starke Anstieg der Öl- und Gaspreise infolge steigender Nachfrage und unsicherer Versorgungslage.
Spezialist und Weltmarktführer
Schoeller-Bleckmann ist auf die Herstellung von Schlüsselkomponenten in der Richtbohrtechnologie spezialisiert, die heute bei einem Großteil aller Öl-, Gas- und Geothermie-Bohrungen zur Anwendung kommt. Hier gilt der Konzern, der weltweit fast 1.400 Mitarbeiter hat, davon etwa 380 am Stammsitz in Ternitz, als Weltmarktführer. Zu seinen Produkten, die aus nicht-magnetisierbaren, hochlegierten Edelstählen gefertigt und von Voestalpine aus dem steirischen Kapfenberg zugeliefert werden, zählen unter anderem Bohrköpfe und Bohrgestänge. Daneben haben die Niederösterreicher auch Hochleistungs-Bohrmotoren und spezielle Werkzeuge für die Bohrlochreinigung im laufenden Bohrbetrieb in ihrem Portfolio. Zum Kreis ihrer Kunden gehören vor allem große US-Ölservice-Unternehmen wie Halliburton, Baker Hughes, Schlumberger und Weatherford, die ihrerseits die internationale Öl- und Gasförderbranche beliefern.
Mit steigenden Investitionen für die Produktion von Öl und Gas rechnet SBO-Chef Grohmann in nahezu allen Regionen der Erde, vor allem aber in den USA und im Mittleren Osten. "In den vergangenen Jahren wurde deutlich zu wenig in die Förderinfrastruktur investiert", sagt er. "Daher erwarten wir, dass in naher Zukunft wieder mehr neue Öl- und Gasfelder erschlossen und bestehende Felder modernisiert werden." Von dieser Entwicklung sollte SBO profitieren.
Neben dem Hauptstandort in Österreich hat der Konzern auch Standorte in den USA (Texas), Kanada, Mexiko, Großbritannien - und Russland. In Russland betreibt SBO eine kleine Niederlassung für Reparaturen, serviciert werden dort vor allem internationale Großkunden. Ob das Unternehmen dem größten europäischen Land den Rücken kehrt, ist derweil noch offen. "Es gibt noch keinen Beschluss zu einem Rückzug aus Russland, die Situation wird aber laufend überprüft", sagt Grohmann. Nachsatz: "Selbstverständlich halten wir uns strikt an alle Sanktionen." Der Umsatz des russischen Geschäfts liegt laut Grohmann im einstelligen Euro-Millionenbereich. Sein Anteil am Konzernumsatz, der sich im Vorjahr auf insgesamt 292,8 Millionen Euro belief, ist gering.
Neues Geschäftsfeld im Visier
Öl und Gas haben mit Blick auf Klimaschutz und Energiewende freilich ein Ablaufdatum, wenn auch ein langfristiges. Vor diesem Hintergrund hat SBO zuletzt ein strategisches Ziel bis 2030 formuliert - nämlich das Unternehmen so umzubauen, dass bis dahin auf ein neues Geschäftsfeld außerhalb von Öl und Gas 50 Prozent des Konzernumsatzes entfallen. "Konkret wollen wir weiterhin mit unseren Produkten für die Öl- und Gasindustrie zur Energiesicherheit beitragen. Die hohe Nachfrage zeigt, dass das gerade in der aktuellen Situation mehr denn je nötig ist", erklärt Grohmann. "Gleichzeitig wollen wir uns aber in den kommenden Jahren zu einem wichtigen Akteur in der globalen Energiewende und Green-Tech-Branche entwickeln." Erste Marktsondierungen seien bereits gestartet worden. Ein naheliegendes Geschäftsfeld wäre etwa Ausrüstung für die Geothermie, aber auch Equipment im High-End-Bereich für die Produktion von E-Fuels.
Kommenden Donnerstag legt SBO Geschäftszahlen zum ersten Quartal vor. Sie werden zeigen, ob der starke Anstieg des Aktienkurses im heurigen Jahr gerechtfertigt ist oder nicht. 2021 hat SBO - nach einem Verlust im ersten Corona-Jahr - mit einem Betriebsgewinn (Ebit) von gut 28 Millionen Euro jedenfalls wieder schwarze Zahlen eingefahren. Auch der Auftragseingang zog kräftig an - um fast 50 Prozent.
SBO gehörte einst zu den Vereinigten Edelstahlwerken (VEW), wurde 1988 ausgegliedert und ist eines von mehreren Nachfolgeunternehmen der Schoeller-Bleckmann Stahlwerke. Im Jahr 1995 verkaufte die Staatsholding ÖIAG die Firma an die Berndorf Industrieholding des österreichischen Industriellen Norbert Zimmermann. Seit 2003 notiert SBO an der Wiener Börse. 66,6 Prozent der Anteile sind im Besitz von Streubesitzaktionären, 33,4 Prozent hält Zimmermann.