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SPÖ und ÖVP uneinig - Kritik an fehlender Debatte.
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Wien. Nicht nur die Wehrpflicht, auch Informationspolitik vor der Befragung am 20. Jänner 2013 entzweit die Regierungsparteien. Mittlerweile scheint man sich jedoch einig zu sein, dass die Informationsleistung der Regierung verbessert werden kann.
Knapp sieben Wochen bleiben, um die Bevölkerung aufzuklären. Eine rot-schwarze Initiative aus Salzburg veranlasst nun die Bundesparteien, über eine ähnliche Aktion auf Bundesebene zumindest nachzudenken.
Ein schmales Büchlein mit 28 Seiten informiert seit einer Woche die Salzburger über die Eckpunkte der Volksbefragung. Auf vier Seiten werden die beiden Wahlmöglichkeiten dargestellt, zwölf Seiten stehen den jeweiligen Argumenten zur Verfügung. Würde man die auf Salzburg bezogenen Informationen durch bundesweite Fakten ersetzen, wäre die Broschüre eine geeignete Blaupause für eine österreichweite Kampagne.
"Modelle gegenüberstellen"
Stimmt nicht, sagt SPÖ-Bundesgeschäftsführer Günther Kräuter. Das sei "zu Salzburg-spezifisch", meint er und fordert die Bundesregierung zu einer gemeinsamen Vorgehensweise auf.
Für Kräuter entspricht eine Volksbefragung noch "nicht der österreichischen Gesellschaftskultur". Die Politik habe einiges aufzuholen.
Ziel sollte es nun sein, "objektiv und sachlich die Modelle gegenüberzustellen". Die Strategie scheint klar: Einerseits gelte es, den aktuell "grottenschlechten" Informationsstand zu verbessern. Andererseits will die SPÖ den Koalitionspartner zu mehr Transparenz bewegen. "Diffuse Vorstellungen einer Fünf-Monats-Verpflichtung" müssten der Bevölkerung explizit präsentiert werden.
Dass es dafür möglicherweise bereits zu spät sei, bezweifelt der SPÖ-Mann. Auch Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) kann sich eine solche Initiative inzwischen vorstellen. Kräuter: "Sollte die ÖVP ein Modell haben, dauert es nur ein paar Tage, um die Bevölkerung, vor allem online, zu erreichen." Genau daran aber könnte eine bundesweite Lösung scheitern. Zwar betont ÖVP-Generalsekretär Hannes Rauch seine Gesprächsbereitschaft, aus der ÖVP-Zentrale kommen allerdings zurückhaltende Signale.
In Salzburg hätte man sehr lange an den Formulierungen gebastelt. Ob sich die Regierung, angesichts der mühsamen Diskussionen um die Wehrpflicht-Fragestellung, auf eine Infobroschüre einigen könne, wird daher in der ÖVP bezweifelt. Es sei der Wunsch der SPÖ gewesen, auf eine Infobroschüre zu verzichten. Auch das Fünf-Monats-Modell will man nicht unkommentiert lassen. "Wir bleiben dabei: Sechs-Monate-Wehrpflicht, Erhalt des Zivildiensts und Einhaltung des Regierungsprogramms", sagte eine ÖVP-Insiderin.
Regierung im Fluchtkanal
Heftige Kritik an der Bundesregierung übte am Montag das "Personenkomitee Neutralität": Schon jetzt sei klar, dass "diese Volksbefragung durch die demokratiepolitische Reifeprüfung durchgerasselt ist", sagte der Völkerrechtsprofessor Franz Leidenmühler von der Uni Linz, ein Zitat von Bundespräsident Heinz Fischer verwendend. "Und zwar wegen einer völlig emotionalisierenden und polarisierenden Fragestellung, die Dinge miteinander verknüpft, die nichts miteinander zu tun haben."
"Was wir hier sehen, ist der Missbrauch des Instituts der Volksbefragung als Fluchtkanal für die, die sich nicht zu einer klaren Stellungnahme durchringen konnten", kritisierte Ex-Außenminister Erwin Lanc (SPÖ). Gefordert wird die "lückenlose Information der Öffentlichkeit".
Anstelle einer "sachlich niveauvollen und politisch transparenten Diskussion" würden wahltaktische Strategiespiele der Parteien den Blick auf eine wesentliche Entscheidung trüben, so die Kritik. So würden Detailfragen der Heeresorganisation diskutiert, bevor es eine gültige Sicherheitsstrategie gebe, so Ex-Diplomatin Gabriele Matzner.