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2G kommt, aber zu spät. Die hartnäckigen Fehler der Politik spiegeln ein Versagen wider, das beunruhigt.
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Österreich bleibt sich treu, die Regierenden wie die Menschen. Einzig beim Erstkontakt mit der Pandemie passten Timing und Reaktion, seitdem kommen wir verlässlich zu spät, verpassen sowohl die Vorbereitung als auch den Moment des Handelns mit beängstigender Sicherheit.
Bei einem solchen Urteil sollten es sich frustrierte Bürger, übergangene Experten und kommentierende Journalisten nicht zu leicht machen. Die Versuchung ist groß, sich die Politik einfacher vorzustellen, als sie es ist. Regierende können aus vielerlei Gründen Entscheidungen treffen, die sich im Nachhinein als falsch entpuppen. Es liegt zudem in der Natur von Politik, Ziele anzustreben, die anschließend niemand oder nur noch eine Minderheit als erstrebenswert empfindet.
Davon kann im Fall der Pandemie keine Rede sein. Es ist schlicht eine Zumutung, dass ein hochgerüsteter Verwaltungsstaat wie Österreich, der nahezu unbegrenzte Finanzmittel zu mobilisieren imstande ist, ein ums andere Mal die gleichen Fehler begeht, die Land, Wirtschaft und Menschen im 20. Monat der Pandemie wieder haarscharf an einen Lockdown heranführen. Darin spiegelt sich ein politisches Instinkt- wie fachliches Kompetenzversagen in besorgniserregendem Ausmaß wider.
In Österreich scheint allein die Bundeshauptstadt - nach einigen bizarren Verirrungen zu Beginn der Pandemie - über einen intakten Kompass an Gespür für das politisch Zumutbare und fachlich Notwendige zu verfügen. Umso unverständlicher - um es höflich zu formulieren - ist, dass Teile der Kanzlerpartei auch dann noch die schärferen Maßnahmen in Wien kritisierten, als deren Richtigkeit schon feststand.
Auch jetzt gibt weder die türkis-grüne Bundesregierung noch eines der am härtesten von der vierten Welle getroffenen Bundesländer wie Oberösterreich oder Salzburg, beide schwarz, die Richtung mit 2G für Gastronomie und Co vor, sondern der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig, ein Roter. Das war schon beim Aufbau einer PCR-Testinfrastruktur der Fall, was in einer Großstadt einfacher sein mag als auf dem dünn besiedelten Land; dass die Flächenländer so spät beginnen, ein dichtes Netz an PCR-Tests aufzubauen, ist dennoch unverzeihlich.
Zu befürchten ist, dass die Republik auf die dritte Impfung, die demnächst im großen Maßstab anlaufen wird, ähnlich schlecht vorbereitet sein wird wie insgesamt auf die vierte Welle. Bleibt nur zu hoffen, dass die neuen Verschärfungen die Zahl der Impfverweigerer spürbar verringern. Über die Versäumnisse wird trotzdem zu reden sein.