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Kinder sollten erst kurz vor der Einschulung operiert werden. | Nach wenigen Stunden wieder fit. | St. Gallen. Fünf Prozent aller Kinder schielen. Für die Schweiz heißt das, dass 60.000 Kinder am Strabismus leiden, einer Gleichgewichtsstörung des Augenmuskels. Nur wird Schielen nicht immer auf Anhieb gesehen. Das auffällige Schielen sei nicht das Problem. "Denn diese Kinder werden recht früh zum Augenarzt gebracht", sagt Daniel Mojon, Augenchirurg an der Augenklinik in St. Gallen. Hingegen sei beim Mikroschielen die Fehlstellung der Augen meist nicht direkt erkennbar. Dabei sei eine Früherkennung und Behandlung sehr wichtig.
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Unsere Augen sind etwa 6,5 Zentimeter voneinander getrennt. Daher wird ein Objekt aus unterschiedlichen Perspektiven gesehen. So sieht das linke Auge die linke Seite des Gegenstandes und das rechte Auge mehr die rechte Seite. Im Gehirn werden dann diese Informationen von beiden Augen zu einem dreidimensionalen Bild vereint.
Schielt nun ein Auge oder beide Augen, bekommt das Gehirn Informationen von mehreren Gegenständen im Raum gleichzeitig. Ein dreidimensionales Sehen ist dann nicht mehr möglich. Es entstehen störende Doppelbilder. "Im Kindesalter wehrt sich das Gehirn dagegen und schaltet das übertragene Bild vom schielenden Auge einfach aus", sagt Mojon. So komme es ohne Therapie meist zu einer zunehmenden Sehschwäche des nicht benutzten Auges. Dies könne in den meisten Fällen nicht mehr rückgängig gemacht werden und bliebe dann lebenslang bestehen.
Verschiedene Therapien
Erst wenn das nicht hilft, sollte über eine Schieloperation nachgedacht werden. "Deswegen sollte nicht jedes schielende Kind so rasch wie möglich operiert werden", sagt Mojon. Denn die oft gepriesene Frühoperation habe kaum Vorteile. Bei zehn Prozent der früh operierten Kinder wäre wahrscheinlich das Schielen spontan wieder verschwunden. "Daher sollten Kinder erst kurz vor der Einschulung operiert werden", sagt der Mediziner.
Wenige Schnitte reichen
Eine Operation bedeutet heute nicht mehr einen großen Eingriff. Mojon begann 2003 an der Augenklinik in St. Gallen, eine alternative Technik zu entwickeln, die das Operieren am Auge mit Minischnitten ermöglicht. Schließlich hätten einst Chirurgen auch am Bauch offen operiert, heute machten sie den gleichen Eingriff mit Minischnitten. Mit diesem Wissen entwickelte er die minimal-invasive Schieloperation. So verletzt er heute bei seinen Operationen die Netzhaut nur noch minimal. Dabei macht er unter dem Mikroskop zwei bis drei Millimeter kurze Schnitte ober- und unterhalb des kranken Muskels. Entweder lagert er dann die zu stark ziehenden Augenmuskeln am Augapfel zurück oder strafft die zu schwachen Muskeln.
Mit der üblichen Operation, bei der noch die Netzhaut über dem Muskel türflügelartig geöffnet wurde, mussten die Patienten noch ein Verband tragen. Auch kratze das operierte Auge sehr, da der Chirurg mit der herkömmlichen Methode mehr Nähte machen muss. Seine Technik sei schonender als die herkömmlichen Methoden, sagt Mojon. Seine Patienten seien einige Stunden nach dem Eingriff wieder fit für den Alltag. "Das ist mit der üblichen Türflügeloperation nie möglich gewesen", sagt Mojon. Hingegen könnten seine Patienten bereits einige Stunden nach dem Eingriff wieder spielen.
Aber auch diejenigen, die diese Operation aus kosmetischen Gründen machen lassen, wie etwa Schauspieler, seien froh, wenn man den Eingriff bereits nach einigen Stunden nicht mehr sieht. Und deswegen ist sich Mojon auch sicher, dass in Zukunft mehr und mehr mit dieser Technik operiert werden wird: "Schließlich wird der Patient mit diesem Verfahren enorm geschont."