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Schönheit ist auch nur ein Knödel

Von Judith Belfkih

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Die Welt wird immer schöner. Sollte man glauben. Zumindest die Menschen, die auf ihr leben. Schönheitschirurgen haben weltweit 2015 deutlich öfter Hand angelegt als ein Jahr zuvor. Der Internationale Verband plastischer Chirurgen vermeldet über eine Million mehr Behandlungen. Die Zahl der Eingriffe sei von 20,2 auf 21,7 Millionen gestiegen. Die meisten Menschen lassen sich in den USA und in Brasilien verschönern. In den USA wurden vier Millionen operative und nicht operative Eingriffe gezählt, in Brasilien waren es 2,3 Millionen. Deutschland belegt mit rund 620.000 Behandlungen weltweit nach Südkorea, Indien und Mexiko Platz sechs. Österreich kommt in diesen Daten nicht vor. Wir sind offenbar auch so schön genug. Oder wir haben die wunderbare Knödeltheorie von Nikolaus Harnoncourt nicht nur verstanden, sondern auch verinnerlicht. Dieser stellte die These auf, dass jede Errungenschaft und jeder Fortschritt auch einen Verlust mit sich bringen. Der Knödel ist immer gleich groß, gibt man auf der einen Seite etwas dazu, muss man auf der andren etwas wegnehmen. Logisch. Alles hat seinen Preis.

Auch bei der Schönheitschirurgie drängt sich die Knödel-Analogie geradezu auf. Betrachtet man die lebenszeitliche Schönheit eines Menschen als die gleich bleibende Summe - also den Knödel -, so wird durch Eingriffe nicht die Summe der Schönheit mehr, sondern sie wird offenbar geballter konsumiert. Fotos von in die Jahre gekommenen Hollywood-Stars zeigen, dass sich diese Behandlungen meist rächen - von maskenhafter Mimik bis zu verzerrten Fratzen. Die Schönheit ist eben auch nur ein Knödel.