Universitätsrat will am 10. März neuen Rektor küren. | Kritiker fordern Neuausschreibung. | Graz. An der Kunstuniversität Graz (KUG) gärt es gewaltig. In wenigen Tagen soll ein neuer Rektor bestellt werden, doch bereits im Vorfeld wird heftige Kritik an den mit der Wahl befassten Gremien laut. Von "Geheimabsprachen" und "Konkurrenzentsorgung" ist die Rede. Die "Wiener Zeitung" ging der Sache auf den Grund.
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"Das hat alles einen gewaltigen Vertrauensverlust verursacht", meint Johann Trummer, Institutsvorstand für Kirchenmusik an der KUG. Er teilt mit anderen Professoren die Ansicht, dass es von langer Hand geplant gewesen sei, den Vorsitzenden des Uni-Senats, der für das Rektorsamt kandidiert, an die Spitze der KUG zu hieven.
Mitte Jänner hat nämlich der Senat seinen eigenen Vorsitzenden mit großer Mehrheit als Erstgereihten in den Dreiervorschlag gewählt, aus dem nun das oberste universitäre Kontrollgremium - der Universitätsrat - den Rektor kürt. Einige Professoren sehen ihren Verdacht bestätigt, dass es bereits bei der Senatswahl im Oktober 2006 zu Unregelmäßigkeiten gekommen sein könnte. Der Senatsvorsitzende, Franz Kerschbaumer der seit 2003 im Amt ist, habe mittels Geheimabsprachen das Stimmverhalten eines guten Teils der Wahlberechtigten zugunsten von Leuten koordiniert, die ihm nahe stehen, meint Trummer: "Er hat schon in Hinblick auf die Rektorswahl für sich die Stimmen besorgt!"
Kerschbaumer, weist das von sich. Es sei eine absolut freie und geheime Wahl gewesen. Diese Ansicht teilt auch Willibald Plessas, Vorsitzender des Universitätsrats: Schließlich sei "persönliche Wahlwerbung" aufgrund der Satzung der KUG durchaus legitim. Als "bemerkenswert" sieht jedoch auch Plessas die Tatsache, dass von den neun Professoren des alten Senats lediglich zwei wiedergewählt worden sind. Diese beiden waren ausgerechnet der Vorsitzende und sein jetziger Stellvertreter.
Konkurrenten entsorgt?
Doch die Kritik geht noch weiter. So sind alle Bewerbungsschreiben für das Rektorsamt an das Büro des Senatsvorsitzenden zu richten gewesen, obwohl dieser selbst kandidiert hat. Während Plessas von einem "unbedeutenden Formfehler" spricht, vermutet Leo Witoszynskyj, Professor am Institut für Saiteninstrumente, dass Kerschbaumer dadurch einen "unschätzbaren Informationsvorteil" gehabt hätte. Dieser bestreitet das. Er habe die Agenden rund um die Rektorswahl rechtzeitig an seinen Stellvertreter übergeben.
Kritiker glauben jedoch, dass ernst zu nehmende Konkurrenten des Senatsvorsitzenden richtiggehend "entsorgt" worden wären. Von den sechs Kandidaten in der engeren Wahl sind zwei - eher überraschend - vorzeitig aus dem Rennen ausgeschieden. Der Senat hat seinen Dreiervorschlag also aus nur vier verbliebenen Bewerbern erstellt. Laut Plessas sei dies im Einklang mit den Bestimmungen geschehen, man hätte jedoch "anders vorgehen" können. Weiters kritisiert Witoszynskyj, dass der amtierende Rektor, Otto Kolleritsch, mit der Begründung, der Senat wünsche sich eine Neuorientierung der Universität, vom Bewerbungsverfahren ausgeschlossen worden sei. Das hätte, so Witoszynskyj, bereits im Ausschreibungstext stehen müssen. "Stimmt nicht", erklärt Kerschbaumer. Der Senat brauche überhaupt keine Begründung anzugeben. Man hätte sich eben für eine - nicht zuletzt personelle - Neuorientierung entschieden.
Kolleritsch selbst versteht nicht, dass dieser "Sonderbeschluss" des Senats, nicht von vornherein auf die Ablehnung des Universitätsrates gestoßen ist. Der amtierende Rektor schließt eine "späte Revanche" seitens des Vorsitzenden des Kontrollgremiums nicht aus. Dieser habe 2005 eine Aufsichtsbeschwerde gegen ihn eingebracht, die vom Ministerium aber abgeschmettert worden sei.
Senat schottet sich ab
Plessas weist dies als "Unsinn" zurück. Der Universitätsrat habe mit der Absage an Kolleritsch nichts zu tun. Die Begründung mit der Neuorientierung kann Plessas allerdings nicht ganz nachvollziehen. Jeder neue Rektor hätte sich im Grunde an den geltenden Entwicklungsplan der KUG zu halten. Wer dieser Rektor sein wird, hängt nun vom Universitätsrat ab. Kerschbaumer dürfte aber, so seine Kritiker, gute Chancen haben. Der jetzige Dreiervorschlag sei nämlich "eine Farce".
Hinter dem Senatsvorsitzenden sind - abgeschlagen - der Vize-Rektor der KUG und ein Musikschulleiter aus Deutschland gereiht. Letzterer sei, so Trummer, ein angesehener Mann, habe aber noch nie im universitären Bereich gearbeitet. Außerdem hätten ihn die Professoren bis dato nicht kennen lernen können.
Der Senat hat nämlich die Satzung der KUG dahingehend interpretiert, dass alle Hearings unter Ausschluss der übrigen Universitätsangehörigen stattzufinden hätten. Das entspräche, so zahlreiche Professoren, nicht den internationalen Gepflogenheiten. Die KUG mache sich "lächerlich". Dass sich der Senat dazu entschieden habe, sich abzuschotten, begründet Kerschbaumer damit, dass man angesichts der "absurden Vorwürfe", die "Missinterpretationen nicht noch verstärken" hätte wollen.
Witoszynskyj und andere Professoren fordern den Rücktritt des Senats und eine Neuausschreibung des Rektorsamts. Die Vertrauenskrise zu überwinden wird wohl die erste, schwierige Aufgabe des neuen Rektors sein - wer auch immer das Rennen machen sollte.