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Schottland kann seinen Weg in die Unabhängigkeit antreten

Von WZ-Korrespondent Peter Nonnenmacher

Politik

Mehrheit ist derzeit gegen eine Abkoppelung von Großbritannien.


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Edinburgh. Gespannte Erwartung beginnt sich bei den schottischen Nationalisten breit zu machen. Nur noch "hundert Wochen" soll es dauern, bis sie ihr Land in die Unabhängigkeit führen. Eine Volksabstimmung in Schottland im Herbst 2014 wird darüber entscheiden, ob die Schotten im über 300 Jahre alten britischen Verbund verbleiben - oder ob sie sich selbständig machen und Großbritannien so zu einem kleineren Britannien schrumpft.

Das entsprechende Referendum vereinbarte gestern, Montag, in Edinburgh der schottische Regierungschef und Vorsitzende der Schottischen Nationalpartei (SNP), Alex Salmond, mit dem britischen Premier David Cameron. Die Vereinbarung war für die Schotten notwendig, um dem Referendum gesetzlichen Charakter zu verleihen.

Das Londoner Unterhaus wird nun dem Parlament in Edinburgh das Recht einräumen, bis Ende 2014 eine Volksabstimmung zur Frage der schottischen Unabhängigkeit abzuhalten. Damit hat man in London anerkannt, dass den Schotten ein Recht auf volle Selbstbestimmung zukommt - und auf die Trennung von England, Wales und Nordirland, wenn sie das wirklich wollen.

Im Augenblick sieht es nicht danach aus. Jüngsten Umfragen zufolge wollen von allen Schotten, die sich in dieser Frage schon eine feste Meinung gebildet haben, 63 Prozent im Vereinigten Königreich verbleiben. Nur 37 Prozent wünschen sich eine eigene Nation. Allerdings sind rund 18 Prozent der Wahlberechtigten bisher noch unschlüssig. Salmond und seine SNP-Kollegen vertrauen darauf, dass sie in den nächsten zwei Jahren genug Stimmen für ihre Sache mobilisieren können. Unter anderem sollen auch Schottlands 16- und 17-Jährige an der Abstimmung teilnehmen dürfen. In dieser Altersgruppe liegt der Anteil der Unabhängigkeits-Befürworter offenbar etwas höher.

Schottland muss vielleicht EU-Beitritt neu beantragen

Die SNP, die im schottischen Regionalparlament eine eigene Mehrheit hat, geht davon aus, dass Schottland als eigene Nation besser gestellt sei und sich durchaus selbst versorgen könne. Ein "freies Schottland" soll in der EU verbleiben und "natürlich" weiter eng mit dem Rest Britanniens verbunden sein, meint man bei der SNP.

Auch Sterling, als Währung, will Salmond fürs Erste beibehalten - obwohl er an der Übernahme des Euro "irgendwann später" interessiert ist. Um eine schottische EU-Mitgliedschaft hat sich aber bereits Streit entwickelt. Ein automatischer Verbleib der Schotten in der EU sei ausgeschlossen, meint man in London. Das Land müsste sich in diesem Fall ganz neu bewerben.

Auch die Aufteilung von Öl-Ressourcen in der Nordsee und der Militäranlagen beiderseits der "Grenze" sowie Schottlands Zugehörigkeit zur Nato sind umstritten. Vollkommen sicher ist sich die SNP nur, dass sie keine Atomwaffen mehr in Schottland sehen will.

Die SNP-Regierung machte das symbolische aufgeladene Jahr 2014 zur Bedingung für den Abstimmungstermin. 2014 jährt sich nicht nur die große alte Schlacht von Bannockburn zum 700. Mal. Schottland veranstaltet auch in eigener Regie zwei bedeutende Sportereignisse, und zwar die Commonwealth-Spiele und das Golfturnier Ryder Cup. Diese Ereignisse sollen die Erinnerung an die jüngsten olympischen Triumphe des "Teams GB" löschen helfen. Der gesamtbritische Auftritt bei den Londoner Spielen dieses Sommers hat nämlich der SNP-Kampagne eher geschadet.

Bei der Vereinbarung des Referendums, gestern, Montag, erklärten beide Seiten, dass sie froh seien, nun in den eigentlichen "Kampf um Schottland" einsteigen zu können. Camerons Konservative Partei tritt ebenso wie die Labour Party und die Partei der Liberaldemokraten zur Verteidigung der britischen Einheit an. Salmond will seinen Landsleuten die Trennung erleichtern durch das Angebot, die Königin als Staatsoberhaupt beizubehalten. Als solches fungiert die Queen ja für zahlreiche Staaten, die früher einmal dem britischen Empire angehörten.