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Schräge Stipendien

Von Edwin Baumgartner

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Das Social Start-up "myStipendium.de" möchte laut eigener Aussage "jedem Studierenden zu einem Stipendium verhelfen". Im Jahr 2018 sind zehn Stipendien (wer ortet das kleine Missverhältnis zu "alle"?) im Gesamtwert von 90.000 Euro ausgeschrieben "für Weltretter, Tüftler und Revolutionäre". Eines dieser Stipendien hat eine "Naturliebende" bekommen: Die BWL-Studentin ist von Mexiko bis Kanada zu Fuß gelaufen, um zu zeigen, wie wichtig es ist, die Natur zu schätzen.

Dass der schnell herbeierfundene Frank Günter Krawuttkius, der mit seinem Trabbi mit immerhin nur einer Reparatur in 26 Stunden und 17 Minuten von Schwerin bis Wismar gefahren ist, um die Entschleunigung des Autofahrens zu propagieren, ein Stipendium zugesprochen bekommt, scheint da gar nicht mehr so zweifelhaft. Denn: "Gefördert werden Ausnahmetalente, die für ihren unermüdlichen Einsatz oder ihre außergewöhnliche Begabung von anderen Bewunderung ernten. Gesucht werden gleichermaßen ungewöhnlich begabte Studenten als auch Menschen, die ihre gesamte Energie in die Verbesserung der Welt stecken."

Gefördert werden also Individuen mit originellen Ideen, die ruhig zwar als wichtig ausgegeben, genau betrachtet aber nutzlos sein dürfen. Dass unter den Geförderten ein Marketing-Student ist, der Waisenheime in Kamerun baut, macht Hoffnung, es könnte sich doch um Idealismus und nicht nur um teuren Spaß handeln. Allerdings erhält eines der Stipendien der Erfinder einer Beicht-App.

Auch die Strecke Baden-Wien bedarf der Entschleunigung. Ohne Krawuttkius zu heißen: Ich glaub’, ich kauf’ mir einen Trabbi...