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In Frankreich wurde er zum Schreckgespenst, in Polen zum Werbeträger. Der polnische Installateur machte schon vor Jahren grenzüberschreitende Karriere: Die Regierung in Paris nutzte ihn als Argument gegen die schnelle Öffnung des Marktes für osteuropäische Arbeitskräfte, die den Franzosen die Jobs wegnehmen könnten. Kurze Zeit später nahm die polnische Tourismusbranche das Motiv auf und ironisierte: Ein blonder Junginstallateur in einer legeren blauen Latzhose lud auf einem Poster ausländische Gäste ein, die Attraktionen Polens zu erkunden.
Mittlerweile sind die Märkte in der Europäischen Union für EU-Bürger offen. Doch die Grenzen dieser Freizügigkeit bleiben umstritten. Der aktuelle Zwist entzündet sich an der Entsendung von Arbeitnehmern in einen anderen Mitgliedstaat. Ein slowakischer Betrieb muss dabei den in Österreich branchenüblichen Lohn zahlen, wenn seine Mitarbeiter etwa im burgenländischen Parndorf Fliesen verlegen. Doch manchen Regierungen ist das zu wenig: Sie wollen, dass ausländische Unternehmen auch noch andere Standards wahren, etwa bei Zuschlägen für Überstunden oder Nachtarbeit.
Es war wieder Frankreich, das besonders lautstark auf eine Verschärfung der Regeln pochte, die in der sogenannten Entsende-Richtlinie fixiert sind. Es gehört, wie Deutschland und Österreich, zu den Ländern, wohin die meisten Arbeitnehmer geschickt werden. Hinter seiner Initiative steckt ein protektionistisches Element: Es geht um den Schutz heimischer Betriebe vor Wettbewerb, in dem Firmen aus Osteuropa wegen geringerer Lohnkosten Vorteile haben.
Das ist ebenso nachvollziehbar wie der Versuch der anderen Seite, eben diese Vorteile zu nutzen. Es sind übrigens nicht nur Polen, die Slowakei, Ungarn und Tschechien, die sich gegen eine Änderung der Regeln wehren. Auch Spanien und Portugal befürchten Nachteile für ihre Transportbranche, wenn diese strengere Vorgaben zu erfüllen hätte.
Aus der Debatte einen erneuten Ost-West-Konflikt zu machen, ist daher nicht nur verkürzt. Es ist auch gefährlich. Damit werden nämlich alte Bruchlinien wieder aufgerissen, wo doch derzeit die Einheit der EU als größte Stärke beschworen wird. Außerdem muss es nicht immer Wettbewerb nach unten sein. Denn wenn die Wirtschaft der Slowakei gestärkt wird, profitieren dort tätige österreichische Unternehmen ebenfalls.