Barbara Snizek schafft mit ihrer neuen Geschäftsidee einen Gegentrend zu E-Mail und SMS: Die Unternehmerin vermittelt Handschriften -für Hochzeitskuverts, Liebesbriefe und Weihnachtskarten.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 8 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Riederberg. "I <3 U." Liebesbriefe werden immer kürzer. Dates, Treffen, Neuigkeiten und ganze Urlaubsberichte werden nur noch in wenigen Buchstaben zusammengefasst. Selbst Weihnachtspost kommt mittlerweile als Kurznachricht daher. SMS und E-Mail haben den Grundgedanken der schriftlichen Botschaft seines Fundaments enthoben. Früher stand das Persönliche im Vordergrund. Heute muss sie vor allem eins sein: kurz. Und schnell geschrieben. Damit man sie noch schneller lesen kann.
Angesichts dessen erscheint die neue Geschäftsidee der Werbeagentin Barbara Snizek aus Riederberg in Niederösterreich fast schon wieder wie eine Revolution. Seit einem Dreivierteljahr vermittelt sie etwas, das vor wenigen Jahrzehnten noch selbstverständlich war: Handschriften. Sie können für Hochzeitskuverts, Urkunden, Einladungen, Parten, Tisch- und Menükarten, Weihnachtsbilletts und mitunter auch für Liebesbriefe gebucht werden.
Zeit und Wertschätzung, im handschriftlichen Brief vereint
"Ich habe einen Pool von 25 Damen und Herren, darunter eine Kalligrafin, die gerne und schön schreiben. Die Kunden können sich eine Handschrift aussuchen", sagt die 48-Jährige im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Wobei jede Handschrift einen bestimmten Schreiber bedeute. Denn jeder schreibe anders, die Schrift lasse mitunter auch auf den Menschen schließen. Die Handschriften der Älteren seien "etwas ausgeprägter", jene der Jüngeren könnten sich über die Jahre hinweg noch ein wenig wandeln. Einige schreiben mit Feder und Tinte, die meisten mit der Füllfeder. Manche könnten noch Kurrent. Allen Schreibern ist laut Snizek gemein, dass sie gern schreiben -und sich Zeit dafür nehmen.
Zeit ist Snizeks Ansicht nach überhaupt das schönste Geschenk. Und Wertschätzung. Beides werde in einem handschriftlich verfassten Brief vereint. "Wir haben noch Liebesbriefe von meinen Ururgroßeltern aufgehoben, sie sind teilweise gerahmt und etwas wirklich Bleibendes. Damals hat man sich hingesetzt, sich die Zeit genommen und sich Gedanken gemacht, was man dem anderen schreiben soll und wie es dieser wohl auffassen wird. Das drückt große Wertschätzung aus."
In jedem Fall aber sei die Botschaft um vieles persönlicher, sobald sie mit der Hand geschrieben wird. Briefe mit handschriftlicher Anschrift würden viel eher geöffnet als jene aus dem Drucker. "Manche schreiben dann sogar mit der Hand zurück", so Snizek.
"Je wertvoller das Papier,desto besser wirkt die Schrift"
Rund um den Valentinstag, vor dem Muttertag, zu Weihnachten und in den Hochzeits-Monaten Mai, Juni und September häufen sich freilich die Aufträge. Vor allem, wenn nur eine bestimmte Schrift und damit ein Schreiber zum Beispiel für 100 oder mehr Hochzeitseinladungen gewünscht wird, sollte man das rechtzeitig bekanntgeben.
Kuvert-Beschriftungen kosten ab einen Euro, ein Brief mit 100 Worten ab sieben und eine kalligrafierte Urkunde ab 200 Euro. "Wir beraten auch gerne, welches Papier geeignet wäre", sagt Snizek. "Je wertvoller das Papier, desto besser wirkt die Schrift." Besonders beliebt sei Büttenpapier. Für 2016 sei ein Umsatz von 20.000 Euro geplant.
Snizek sei laufend auf der Suche nach neuen Handschriften. Damit dieses wertvolle Gut nicht verloren gehe, setzt sich die Mutter zweier erwachsener Kinder auch vehement dafür ein, dass fließendes Schreiben mit der Hand in den Schulen weiterhin unterrichtet wird. Sie selbst habe "leider nicht so ein schönes Schriftbild", wie sie sagt. Denn mit dem Schönschreiben sei es wie mit dem Taktgefühl: "Entweder man hat es - oder man hat es nicht."
Mehr Informationen zur "Handschreiberei, Werkstatt für Handschriftliches" unter www.handschreiberei.com
www.willwerben.at