Die Lösung der österreichisch-tschechischen Spannungen rund um die Vertreibung der Sudetendeutschen muss in einem Schritt für Schritt zu findenden "Kompromiss" bestehen, ist die Osteuropa-Expertin Barbara Coudenhove-Kalergi überzeugt.
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Eine per "Fingerzeig" angeordnete Entschuldigung werde es von tschechischer Seite nicht geben, so Coudenhove-Kalergi am Freitag vor Studenten der "Sommeruniversität Budweis". Ebenso sei ein "Kniefall", wie ihn der deutsche Bundeskanzler Willy Brandt im Jahr 1970 in Warschau im Gedenken an die Millionen von den Nationalsozialisten ermordeten Polen demonstrierte, "nicht angebracht": Die Gräuel der Nazis seien nicht mit den etwa 40.000 Todesopfern zu vergleichen, die die Verteibung der deutschsprachigen Minderheit Tschechiens nach 1945 gefordert hätten. Coudenhove-Kalergi zeigte sich jedenfalls überzeugt, dass man in der Frage der Benes-Dekrete auf diplomatischer Ebene zu einer Lösung gelangen werde.
Nach Ansicht Calergis hätte der Streit um die Benes-Dekrete bereits kurz nach der "Samtenen Revolution" des Jahres 1989 beendet werden können. Damals verurteilte der tschechische Präsident Vaclav Havel öffentlich die Verteibung der deutschen Minderheit. Nur: "Weder aus Deutschland, noch aus Östereich kam damals eine Reaktion", so Coudenhove. Sie sei davon überzeugt, dass in den Jahren 1989 bis 1990 auch das Parlament in Prag einer entsprechenden Erklärung noch zugestimmt hätte. Die danach einsetzende Diskussion um die Vertreibungen habe dann zu einer "verfahrenen Situation" geführt, im Zuge derer man auf tschechischer Seite nicht mehr zu einer Entschuldigung bereit war.