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Berlin. (AP / Apa / WZ Online) Die SPD hat sich mit Gerhard Schröder versöhnt, und der nunmehrige Altkanzler mit seiner Partei. An seinem letzten Arbeitstag als Regierungschef feierte die SPD am Montagabend sieben Jahre erfolgreiche Kanzlerschaft. Nun zieht sich Schröder ins Privatleben zurück. Am Mittwoch will er sein Bundestagsmandat niederlegen und dann wieder als Anwalt tätig sein. Für ihn beginne jetzt ein neuer Lebensabschnitt, sagte er vor der Fraktion. Viele Parteifreunde zeigten Verständnis für den konsequenten Abschied aus der Politik.
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Schröder wollte nicht wie sein Vorgänger Helmut Kohl den Rest der Legislaturperiode auf den hinteren Bänken verbringen, hieß es. Der Platz müsse für jüngere Abgeordnete freigemacht werden, hatte er schon vor geraumer Zeit vor Vertrauten angekündigt. "So isser eben", sagte der ehemalige SPD-Generalsekretär Klaus Uwe Benneter, "entweder - oder".
Bei der Verabschiedung im Willy-Brandt-Haus, im Beisein des frisch gewählten Fraktionschefs Peter Struck, des neuen SPD-Vorsitzenden Matthias Platzeck, des künftigen Vizekanzlers Franz Müntefering und einer ganzen Riege ehemaliger Minister ließ Schröder doch ein wenig Sentimentalität zu. "Das war eine gute menschliche Erfahrung", sagte er rückblickend auf die vergangenen Jahre. "Bei allem, was es an Zoff gegeben hat, kann ich mich nicht beschweren über einen Mangel an Loyalität", fügte er versöhnlich hinzu.
Ein besonderes Geschenk hatte sich Müntefering für den scheidenden Kanzler ausgedacht. Er überreichte ihm eine Stimmkarte Willy Brandts aus dem Jahr 1989. Von der Fraktion erhielt Schröder eine eher praktische Gabe. In Anspielung auf seine neue Aufgabe überreichte Struck einen dicken Wälzer mit dem langen Titel: "Rechtsanwaltsvergütungsbuch".
Schröder wird Berlin nicht vollständig den Rücken kehren. Während der Woche will Schröder in der Hauptstadt bleiben und am Wochenende nach Hannover kommen. Mehr Zeit für die Familie will er sich aber nehmen. Eine Wohnung am Pariser Platz in einer exklusiven Appartementanlage mit Blick auf die neue amerikanische Botschaft hat das Ehepaar Schröder schon gefunden. Von dort sind es nur wenige Minuten in das Alt-Kanzler-Büro Unter den Linden. In den neuen Räumen steht Schröder wie in den vergangenen 15 Jahren auch seine Büroleiterin Sigrid Krampitz zur Seite.
An ein Pensionärsleben denkt Schröder offenbar nicht. In seinem neuen Lebensabschnitt will sich der 61-Jährige auf seinen alten Beruf rückbesinnen und als Anwalt arbeiten sein. Dem Vernehmen nach sucht er noch geeignete Räume, um eine eigene Kanzlei zu eröffnen. Über mangelnde Aufträge muss sich der Jurist wohl nicht beklagen. Schon jetzt sollen sich die Anfragen häufen.
In der restlichen Zeit denkt Schröder auch daran, ein Buch zu verfassen. Viele Verlage reißen sich bereits jetzt darum, den prominenten Autor unter Vertrag zu nehmen. Schröder gilt als Garant für hohen Umsatz. Bis zu einer Million Euro Vorschuss könne der Alt-Kanzler verlangen, heißt es.