Zum Hauptinhalt springen

(Schuh-)Design für den "Mann von morgen"

Von Peter Kantor

Wirtschaft

Seit Alfred Waschl Anfang 2001 Generaldirektor der Gallus-Holding GmbH wurde, beschreitet der Herrenschuherzeuger neue Pfade. Mit trendigem Design sollen jüngere Käufer angesprochen, mit einer US-Tochtergesellschaft neue Märkte erschlossen werden. Last but not least ist eine Damenkollektion Teil einer längerfristigen Planung. Aber das ist noch ein offenes Geheimnis.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 22 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Alfred Waschl ist kein Sesselkleber. Länger als vier Jahre hat es ihn noch nie in einem Job gehalten, und sein jetztiger ist immerhin schon der sechste in einer leitenden Position. Dabei waren die Stationen seiner Karriere sehr unterschiedlich. Von der Marketingleitung in der Alten Oper in Frankfurt (ab 1981) ging er 1985 zum Handelsmarketing der BMW AG, wechselte 1988 zur Denzel-Gruppe nach Wien, vier Jahre später als Generaldirektor von Porsche Espana nach Madrid, um 1994 wieder nach Wien zurückzukehren. Nach rund einem Jahr bei Daewoo (u.a. als Geschäftsführer der Daewoo Motor Austria) wurde er Generaldirektor der Messe Wien. Der Job, der ihm schließlich den Ruf eines Sanierers eintrug.

"Ich will mich persönlich entwickeln", gibt Waschl sein Credo vor, "und habe mich deshalb nicht auf eine Branche konzentriert". Er habe von jeder Branche, in der er tätig gewesen sei, profitiert und für andere Branchen gelernt. Ähnlich wie in seiner Ausbildung, wo er sich mit HTL (Maschinenbau) und Betriebswirtschaft (Universität Graz) solide technische und kaufmännische Fundamente aneignen konnte.

Mit Schuhen hatte Waschl als Manager vor seinem Einstieg bei Gallus im Jänner 2001 nie etwas zu tun. Eine Affinität zu gutem Schuhwerk hat er aber im Laufe der Jahre schon entwickelt. "Vor meinem Einstieg bei Gallus habe ich immer Reiter-Schuhe getragen", verrät er seine Vorliebe für die österreichische Manufaktur.

Für den Job in Wolfsberg, dem Sitz der Gallus-Produktion, sprach neben der Herausforderung, die Nummer 1 bei Herrenschuhen im österreichischen Schuhfachhandel zu managen, auch der Umstand, dass es seine Frau, eine gebürtige Wolfsbergerin, in ihren Heimatort zog. So bleibt zumindest eine Woche pro Monat für Wolfsberg und die Familie (zwei Kinder). Eine weitere Woche wird in Wien verbracht, wo Gallus sein Marketing- und Vertriebszentrum hat, der Rest des Monats in aller Welt bei den Tochterfirmen in Wiesbaden, Paris, Brüssel und den USA.

Neue Märkte und junge Kunden im Visier

Seit heuer ist die Gallus Gruppe mit einem Vertriebs-Joint Venture auch in den Vereinigten Staaten präsent. Die mit Martin Berendsen, dem langjährigen CEO von Doc Martens, gegründete Gesellschaft hat sich die Eroberung von Marktanteilen im mittleren und oberen Preissegment vorgenommen und will bald 40.000 Paar Schuhe in US-Fachgeschäften absetzen. Der Terroranschlag vom 11. September mache Gallus zwar sehr zu schaffen, die gewählte Marktstrategie werde von den Partnern aber voll unterstützt.

Mit neuen Produkten will Waschl mit Gallus nicht nur geographisch (neben den USA besonders in die GUS) expandieren, sondern auch neue Käuferschichten erschließen. Neben dem traditionellen Programm wurden vier neue Produktreihen mit einem für das Unternehmen neuen Stil entwickelt, die ab dem Frühjahr 2002 auch ein jüngeres Publikum anziehen sollen.

Design für den "Mann von morgen"

Bekehren würde Waschl gerne alle Modemuffel unter den Männern. Das schwarze Einheitsmodell sei nicht mehr das Maß aller Schuhe, Design-Schuhe eine zeitgemäße Alternative. Im Gegensatz zu Frauen brauche es bei Männern sehr lange, bis sie Modetrends wahrnehmen oder ein Modebewusstsein entwickeln, bedauert er. So kaufen Frauen im europäischen Durchschnitt etwa 7 Paar Schuhe pro Jahr, Männer hingegen nur 2 Paar.

Hinsichtlich Design und Designern ortet der Gallus-Chef einen großen Nachholbedarf in Österreich. Neben fehlenden Ausbildungsstätten für Schuh-Design fehle ihm die notwendige Emotionalität, die etwa die Italiener auszeichnet. Immerhin seien die Kärntner als Südösterreicher emotionaler als andere Bundesländer und damit den Italienern noch am ähnlichsten, räumt Waschl ein.

Mit der Kärntnerin Monika Paulitsch fand Waschl letztlich auch die lange gesuchte Designerin. So bringe Paulitsch nicht nur das notwendige Gefühl für den "Männerschuh von morgen", sondern auch eine siebenjährige Praxis bei der Exklusivmarke Escada in München mit nach Wolfsberg. Seit September 2001 ist Paulitsch für Gallus tätig und für die Weiterentwicklung der neuen Schuhkollektion verantwortlich. Unter dem Motto "männlich, modern und international" werden sich die neuen Gallus-Schuhe der Öffentlichkeit präsentieren, gibt Paulitsch die Stoßrichtung vor.

Mit Paulitsch lässt Waschl die gesamte Designabteilung in Wolfsberg ausbauen. So soll der Einsatz von CAD- und anderen EDV-Systemen es den Designern ermöglichen, in direkter Verbindung mit dem Vertrieb maßgeschneiderte Schuhe für alle Käuferschichten zu entwickeln.

Mit wiederholten Gerüchten um eine geplante Damen-Kollektion konfrontiert, hält sich Waschl bedeckt. Derzeit gebe es kein Budget dafür, meint er, will aber für die Zukunft nichts ausschließen.

Als Gesamtziel formuliert Waschl, "in den kommenden drei Jahren einer der drei europäischen Player im Männerschuh-Fachhandel" zu werden. Unter "europäisch" verstehe er dabei, in jedem Land exklusive Italien vertreten zu sein und in Volumsmärkten wie Deutschland zu den drei erfolgreichsten Anbietern zu gehören. Als Benchmark nennt er die zur deutschen Ara-Gruppe gehörende Lloyd sowie die finnische Ecco.

Wohin ihn seine Schuhe nach den vier Jahren bei Gallus tragen werden, weiß Waschl noch nicht. Vielleicht nochmals ins Ausland, meint er, ". . . warum nicht?" Wenn es in Österreich kalt wird, träumt er jedenfalls von seiner Zeit in Sevilla bei 45 Grad im Schatten und dem Erwerb einer Finca - irgendwann. In der Region gebe es ja auch jede Menge Schuhfirmen. Da würde er dann sogar in der gleichen Branche bleiben.