Major Rothbacher über Untersuchung des Chemiewaffen-Einsatzes in Syrien.
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Bundesheer-Major Dieter Rothbacher war mehrere Jahre bei der OPCW (Organisation für das Verbot chemischer Waffen) und hat einige der internationalen Waffeninspekteure, die zuletzt in Syrien waren, selbst ausgebildet.
"Wiener Zeitung": Am kommenden Montag werden die UN-Inspekteure, die in Syrien das mögliche Giftgas-Massaker vom 21. August untersucht haben, ihre Ergebnisse präsentieren. Inwiefern ist es technisch möglich, der syrischen Armee oder den Rebellen die Schuld nachzuweisen? Dieter Rothbacher: Es gibt Vorgaben, wie der Bericht auszusehen hat. Er muss auf Fakten beruhen. Das UN-Team sammelt Beweise für den Einsatz, wird aber sicherlich keine Schuld zuweisen. Was drinnenstehen könnte, ist, dass bestimmte Munition vorgefunden wurde. Dann kann man Rückschlüsse ziehen, wer diese Munition verwendet. A oder B oder beide. Aber es stellt sich die Frage, war es wirklich Munition oder etwas Improvisiertes. Das wird man am Montag feststellen.
Von dem UN-Team wurden aber an Ort und Stelle auch Augenzeugen befragt. Die könnten doch eigentlich sagen, ob es A oder doch B war.
Die Zeugenaussagen werden sicherlich in dem Bericht enthalten sein. Ich weiß aber nicht, wie da die Vorgaben sind. Es wurden aber auch Urin- und Blutproben genommen. Da kann man ganz klar den Einsatz von Giftgas nachweisen.
Kann das UN-Team seine Ergebnisse unzensuriert veröffentlichen oder gibt es eine Instanz, die ein - möglicherweise höchst brisantes - Ergebnis nachträglich "frisiert"?
Das Team legt einen Bericht vor, der auf Fakten beruht. Was die UNO dann am Montag veröffentlichen wird, obliegt sicherlich nicht dem Team. Der Leiter des Inspektionsteams, Åke Sellström, wird das Resultat nicht selbst präsentieren. Er wird wahrscheinlich Generalsekretär Ban Ki-moon direkt berichten und dann wird man schauen, wie das international vorgelegt wird. Auch jetzt wird das Team nicht alleine gelassen; da gibt es Unterstützung, damit es nicht zu Missverständnissen kommt.
Jetzt wird diskutiert, ob die UNO die syrischen Giftgas-Depots sichern und zerstören soll. Halten Sie das überhaupt für machbar inmitten einer Bürgerkriegs-Situation?
Das muss man in Phasen brechen, der russische Plan sieht vier Phasen vor. Zunächst einmal müssen die Syrer die Fakten und Daten auf den Tisch legen. Es muss offengelegt werden, wo die Produktionsstätten und die Lagerstätten sind. Dann wird analysiert, ein oder mehrere Teams gebildet, dann fährt man hinaus zur Bestandsaufnahme. Das kann schnell gehen. Auch wenn man nur kurz hinschauen kann, hat man einen wichtigen ersten Eindruck.