Die steirische ÖVP ist für die Gesamtschule, der Grazer Bürgermeister kämpft dagegen. Wahlen nahen! | Dem Kampf gegen die Gesamtschule widmet sich im Internet die Plattform www.schule-bunt.at. Mit Stichtag Mittwoch wurden hier bereits 11.570 Unterschriften zur Rettung des differenzierten Schulsystems gesammelt. Getragen wird die Initiative von schwarz angehauchten AHS-Lehrern, Gewerkschaftern und Familienvertretern sowie dem Cartellverband. Entsprechend finden sich auch unter den politischen Unterstützern vorwiegend ÖVP-Politiker.
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So gesehen ist der Grazer Bürgermeister Siegfried Nagl in bester ÖVP-Gesellschaft. Wären da nicht die Spitzen seiner Landespartei, die seit Monaten die Phalanx der schwarzen Gesamtschul-Gegner durchbrechen und - rein bildungspolitisch gesprochen, natürlich - ins feindliche Lager übergelaufen sind. Der steirische ÖVP-Chef Hermann Schützenhöfer und Wissenschafts-Landesrätin Christina Edlinger-Ploder haben in den letzten Wochen und Monaten immer wieder die diesbezügliche Linie der Bundes-ÖVP forsch unterlaufen.
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Dass Nagl von den Gesamtschul-Ideen seiner steirischen Parteifreunde ganz und gar nicht angetan ist, könnte neben persönlichen Überzeugungen natürlich auch mit dem nahenden Grazer Wahltermin zu tun haben. Schon Ende Jänner 2008 werden die Stimmbürger der steirischen Landeshauptstadt zu den Urnen gerufen.
Und Nagl muss gehörig um seinen Job zittern. Die Grazer Parteienlandschaft ist bunt wie ein Regenbogen. Die ÖVP konnte nur dank des kometenhaften Aufstiegs der KPÖ (von 7,9 auf 21 Prozent) und der Zerschlagung der FPÖ (von 27 runter auf 8 Prozent) 2003 mit 36 Prozent (plus 13 Prozent) erstmals die jahrzehntelange Vorherrschaft der SPÖ (zuletzt 25,7 Prozent) brechen.
Der Streit um die Gesamtschule spielt sich ja vor allem in den Städten ab, wo die Hauptschulen abgewirtschaftet haben und die AHS in den Augen vieler österreichischer Eltern der letzte Bildungsanker ihrer Kinder ist. Zwischen Graz und Wien gibt es hier nur graduelle Unterschiede. Kein Wunder also, dass der Grazer Bürgermeister so knapp vor den Wahlen auch in Sachen Bildungspolitik eindeutige Signale an seine bürgerliche Wählerklientel senden will.
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Erklärte Favoriten haben es scheinbar besonders schwer, ein in Aussicht gestelltes Amt auch ins Ziel zu bringen. Was jetzt Star-Tenor Neil Shicoff bei der Staatsoper erleiden musste, wiederholt sich auch auf Polit-Bühnen abseits des großen Scheinwerferlichts.
So geschehen jüngst im Justizministerium, wo Ressortchefin Maria Berger (SPÖ) überraschend nicht den allseits erwarteten Leitenden Staatsanwalt Christian Pilnacek zum Leiter der Straflegislativsektion ernannte. Dieser leitete die Sektion immerhin seit dem Ausscheiden von Roland Miklau in den Ruhestand.
Das Rennen machte stattdessen Wolfgang Bogensberger, wie Berger lange Jahre auf EU-Ebene tätig. Genau diese internationale Erfahrung soll, so hört man aus dem Ministerium, auch den Ausschlag zu seinem Gunsten gegeben haben.