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Schulden der Griechen versus Demokratiedefizit in der EU

Von Mark Odoherty

Leserforum

Hat die Demokratie noch Platz wenn es um Schulden geht?


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Obwohl ich grundsätzlich die Ansicht teile das Griechenland ein Opfer von Austeritätspolitikern und Eurokraten geworden ist, (mit Austeritätspolitikern meine ich vor allem Wolfgang Schäuble und Kanzlerin Merkel, und mit Eurokraten meine ich vor allem den Finnischen Finanzminister Stubb) muss man dazu sagen, dass die Griechen etwas blauäugig waren. Sie waren blauäugig, indem sie Varoufakis und Tsipras geglaubt haben, daß durch ein "Nein" im Referendum Griechenland sich einen besseren 'Deal' aushandeln können wird.

Dass es ein Demokratiedefizit in der EU gibt ist schon klar - und das Referendum der Griechen hatte das auch sehr gut beleuchtet. Jedoch ein Referendum kann letztendlich auch nicht den guten Willen von Gläubigern erzwingen; besonders dann wenn sich die Schulden immer weiter anhäufen, und es noch immer keine Anzeichen gibt dass der Schuldner die Lage in den Griff bekommt - wie es bei den Griechen der Fall war. Denn wenn man jemandem Geld schuldet - egal ob auf einer individuellen oder kollektiven Ebene - ist man zu einem gewissen Grade auch auf dem guten Willen der Gläubiger angewiesen. Und den kann man eben nicht erzwingen. (Varoufakis und Tsipras dachten wahrscheinlich das der Sieg des Referendums ihnen mehr Unterstützung vom Ausland und der EU bringen wird; die Rechnung ist allerdings nicht aufgegangen).

Ich will nicht so weit gehen dass wenn es um Schulden geht die Demokratie keinen Platz mehr hat - wie unsere Austeritätspolitiker und Eurokraten zu denken scheinen - aber der Spielraum ist eben geringer.

Man kann darüber natürlich philosophieren - wie es sehr wohl unsere EU Mitbürger aus der 'Wiege der Demokratie' getan haben - aber man muss eben verdammt vorsichtig sein dass man da keinen Denkfehler begeht. Und der Denkfehler war eben der: dass die Griechen zu viel Hoffnungen in ihre Propheten Varoufakis und Tsipras projiziert haben. Dadurch das griechische Spitzenpolitiker - wie Varoufakis und Tsipras - etwas Geld auf der hohen Kante haben, sind sie nicht unmittelbar von dem Vergeltungsschlag und dem Groll der indignierten deutschen Gläubiger betroffen. Beim durchschnittlichen Griechen, der momentan etwas nur 600 Euro verdient, sieht das allerdings ganz anderes.

Es war sicherlich nicht nett wie die Deutschen auf das griechische Referendum reagiert haben - allerdings wenn es um Geld geht, sind es die Leute selten.

Das ist die nackte Wahrheit; und wenn die Griechen weiterhin in der Eurozone bleiben wollen, müssen sie sich eben auch dieser Realität fügen.

Und vielleicht ist es sogar notwendig dass die Eurokraten vorderhand den Laden übernehmen, um sicherzugehen dass finanzpolitische Reformen endlich in Griechenland ordentlich durchgesetzt werden.

Das wiederum ändert allerdings nichts an der Tatsache, dass seit dem Referendum in Griechenland es sehr klar geworden ist, dass es ein Demokratiedefizit in der EU gibt - und das die Austeritätspolitik zu ihrem Dogma geworden ist.

Es zu hoffen dass einmal der Tag kommt dass die Schulden eines EU Landes (egal ob Griechenland oder ein sonstiges  EU Land das gerade in der Klemme steckt) solidarisch von den anderen EU Mitgliedsstaaten übernommen werden.

Denn schließlich geht es in der EU nicht nur um Geld, sondern auch darum endlich ein positives kollektives Bewusstsein in Griechenland - und der gesamten EU - herzustellen.